Das App-Gap - die Lücke zum Einbauen
Autor : Gerd Raudenbusch
Stand : 16.09.202
Die zunehmende Verbreitung von Smartphones hat die Nutzung von Apps revolutioniert. Studien zeigen, dass die Mehrheit der Internetnutzer heutzutage über mobile Geräte auf Inhalte zugreift, was die Nachfrage nach mobilen Anwendungen weiter steigert. Insgesamt bieten Apps eine Kombination aus Bequemlichkeit, Effizienz und sozialer Interaktion, die sie für viele Menschen attraktiv macht. Unter Berücksichtigung der bereits bekannten, verlogenen Hinterhältigkeit vieler Unternehmen mit aggressiven Marketing-Strategien stellt sich die berechtigte Frage : Ist das nicht mal wieder zu schön, um wahr zu sein ?
Inhalt
- Warum Apps so beliebt sind
- Warum Apps die schlechtere Wahl sind
- Apps fokussieren Digitalzwang
- Bewusster Umgang mit Apps und Digitalisierung
Warum Apps so beliebt sind
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Bequemlichkeit: Apps bieten eine einfache und schnelle Möglichkeit, auf Informationen und Dienstleistungen zuzugreifen. Nutzer können jederzeit und überall auf ihre Apps zugreifen, was die Nutzung im Vergleich zu herkömmlichen Webseiten erleichtert.
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Effizienz: Viele Nutzer berichten, dass sie durch Apps produktiver werden. Apps ermöglichen eine schnellere Kommunikation und den Zugang zu wichtigen Daten, was die Effizienz im Arbeitsumfeld steigert.
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Automatisierung von Prozessen: Apps können viele alltägliche Aufgaben automatisieren, wie Bestellungen, Terminvergaben und Benachrichtigungen. Dies spart Zeit und macht den Prozess für die Nutzer einfacher.
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Soziale Interaktion: Viele Apps, insbesondere soziale Medien, bieten Möglichkeiten zur Interaktion und zum Austausch mit anderen. Dies erfüllt das Bedürfnis nach sozialer Verbindung und Austausch.
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Unterhaltung: Apps bieten eine Vielzahl von Unterhaltungsoptionen, von Spielen bis hin zu Streaming-Diensten. Dies hilft, Langeweile zu vertreiben und bietet eine Flucht aus dem Alltag.
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Personalisierung: Nutzer schätzen die Möglichkeit, Apps an ihre persönlichen Vorlieben anzupassen. Dies kann das Nutzererlebnis verbessern und die Bindung an die App erhöhen.
Warum Apps die schlechtere Wahl sind
Auch, wenn es in Deutschland keine Super-App des Staates zur vollkommenen Überwachung gibt, so wie es "WeChat" in China ist, lohnt es sich trotzdem, unnötige Apps zu deinstallieren und damit unnötige Risiken auszuschalten :
- Wenn eine App nicht regelmäßig benötigt wird oder keinen erkennbaren Mehrwert bietet, ist die Motivation gering, sie zu nutzen
- Fehlende Anpassung an individuelle Bedürfnisse mindert oft die Nutzung.
- Sehr viele Apps sind unverhältnismäßig teuer.
- Es gibt einige Apps, die eine unnötig komplizierte Benutzerführung und ein schlechtes Design aufweisen.
- Viele Apps kommen mit aufdringlicher Werbung, andere sind inkompatibel mit verschiedenen Betriebssystemen, was die Nutzung erschwert.
- Durchschnittlich haben Nutzer 95 Apps auf ihren Smartphones installiert, aber nutzen davon nur ca. 36% regelmäßig.
- 95% der heruntergeladenen Apps werden nach 30 Tagen nicht mehr verwendet.
- Da auf einem iPhone-Homescreen nur maximal 20 Apps Platz haben, wird er oft schnell unübersichtlich.
Darüberhinaus agiert ein Großteil von Apps einfach nur als schlechter Webbrowser, der ungebremst - am originären Webbrowser des Mobilgeräts vorbei - Daten sammeln kann, und dabei nicht selten dem Webportal des Unternehmens ähnlich oder gar gleich sind.
Diese Toolkits werden von Apps verwendet
Dies sind die meistgenutzten Frameworks für mobile Apps :
- React Native : Ein von Facebook entwickeltes Framework, das die Entwicklung von nativen Apps für iOS und Android mit JavaScript und React ermöglicht. Es bietet eine fast nativ-ähnliche Erfahrung von Apps und eine gute Leistung.
- Flutter : Ein von Google entwickeltes plattformübergreifendes Open-Source-Entwicklungskit (SDK), das die Entwicklung von Apps für Android und iOS ermöglicht. Es bietet eine native Leistung und eine einfache Entwicklungsmethode.
- PhoneGap : Ein Framework für die Entwicklung von hybriden Apps, das es ermöglicht, eine App für verschiedene Plattformen wie iOS, Android und Web mit einer einzigen Codebasis zu erstellen.
- Ionic : Ein Open-Source-Framework für hybride Appentwicklung, das es ermöglicht, aus einer einzigen Codebasis heraus Apps für Android, iOS und das Web zu entwickeln. Es unterstützt offiziell React, Angular und Vue.js.
Diese Gaps sind möglich
Alle vier App-Entwicklungs-Kits bieten leistungsstarke Tools und Bibliotheken zur Implementierung von Tracking und Standortverfolgung in mobilen Anwendungen.
Die entwickelten Apps könnten :
- direkten Zugriff auf Gerätedaten haben, wie z.B. Adressbuch, Telefonnummern oder Standortdaten, was die Gefahr erhöht, dass persönliche Informationen an Dritte weitergegeben werden. Nutzer werden oft nicht ausreichend über die Datenverarbeitung und -nutzung informiert und müssen nicht ausdrücklich ihr Einverständnis geben, bevor ihre Daten verarbeitet werden.
- keine klare Datenschutzerklärung bieten oder diese nicht transparent genug sind, was es Benutzern schwer macht, ihre Rechte und Optionen zu verstehen. Es fehlt an Informationen über den Zweck der Datenverarbeitung, die Art der gespeicherten Daten und die Dauer der Speicherung.
- persistenten Speicher verwenden, um Benutzerdaten zu speichern, was die Möglichkeit erhöht, dass diese Daten auch nachdem die App entfernt wurde, noch auf dem Gerät verbleiben.
- keine Möglichkeit bieten, um Benutzerdaten zu löschen oder zu anonymisieren, wenn die App entfernt wird.
- Daten an Dritte weitergeben, ohne die explizite Zustimmung des Benutzers, wie z.B. an Werbeunternehmen oder Sozialmedien. Apps können Drittdienstleister wie Google Analytics oder Facebook integrieren, die ihre eigenen Datenschutzpraktiken haben. Dies kann zu einer Verletzung des Datenschutzes führen, wenn die App nicht ausreichend kontrolliert, welche Daten an diese Drittdienstleister übermittelt werden.
- keine Möglichkeit bieten, um den Datenverkehr zu überwachen oder zu kontrollieren, was die Gefahr erhöht, dass Daten unbemerkt an Dritte übermittelt werden.
- Viele Apps sammeln mehr Daten, als sie tatsächlich benötigen, um ihre Funktionen auszuführen. Dies kann zu einer Überlastung des Endgeräts und zu Sicherheitsrisiken führen.
- Viele Apps haben keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz von personenbezogenen Daten, wie z.B. Verschlüsselung oder Zugriffskontrollen.
- Apps können auch unbefugten Zugriff auf sensitive Funktionen des Endgeräts wie z.B. die Kamera oder Mikrofon haben, ohne dass dies notwendig ist, um ihre Funktionen auszuführen.
- Viele Handys führen standardmäßig automatisierte Backups durch. Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellen diese gebündelten Informationspakete jedoch eine Gefahr dar, da sie eine Vielzahl von personenbezogenen Daten enthalten
Um herauszufinden, ob eine App Daten sammelt, kann man Exodus oder für die Dienste selbst das Webseiten-Analysetool webbkoll zu Hilfe ziehen.
Browser dagegen erlauben es Benutzern, ihre Rechte und Optionen besser zu verstehen und wahrzunehmen. Browser sind in der Regel auch besser geeignet, um den Datenverkehr und Datenschutz zu überwachen und zu kontrollieren, was die Sicherheit und Integrität der Benutzerdaten erhöht.
Apps fokussieren Digitalzwang
Apps stellen oftmals Voraussetzungen für die Installation oder den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen dar, die unabwendbar an die Verwendung von Überwachungstechnologien wie Trackern und Cookies gekoppelt sind.
Dabei werden bestimmte Betriebssysteme oder bestimmte App-Stores vorausgesetzt, was die Wahl des Endgeräts einschränkt. Andere Apps verlangen den Zugriff auf persönliche Daten, wie z.B. Google- oder Apple-Konten, um installiert zu werden oder bestimmte Funktionen zu nutzen. Dienstleistungen, wie z.B. Online-Banking oder Fahrtickets können oft nur über bestimmte Apps genutzt werden, die wiederum Voraussetzungen für die Installation und den Zugriff auf persönliche Daten stellen.
Dieser App-Zwang ist Teil des Digitalzwangs, da er die Wahl zwischen digitalen und analogen Lösungen einschränkt und die Verwendung von Überwachungstechnologien erzwingt.
Im Ernstfall führt das zu der Angst vor bestimmten Situationen, wenn man bestimmte Apps oder Dienstleistungen nicht nutzen kann. Dies kann die Wahl zwischen digitalen und analogen Lösungen einschränken und die Verwendung von Apps zu Zwangsstörungen ähnlichen Verhaltens führen.
Diese Unternehmen fokussieren den Digitalzwang
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Die Deutsche Bahn, die einen Big Brother Award 2024 gewann, ist ein prominentes Beispiel, bei dem Digitalzwang kritisiert wird. Das Unternehmen hat das die temporäre Einführung des 9-Euro-Tickets zwischen dem 1. Juni 2022 und dem 31. August 2022, an dem die Regierung als Teil mit dem Energie-Entlastungspaket beteiligt war, schamlos ausgenutzt. Viele ihrer Dienstleistungen, wie der Erwerb von Tickets und die Nutzung von BahnCards, sind zunehmend digitalisiert worden. Diese Entwicklung schließt Menschen aus, die keinen Zugang zu digitalen Technologien haben oder diese nicht nutzen möchten. Die Hauptpunkte des Digitalzwangs bei der Deutschen Bahn sind :
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Digitaler Zugang zur BahnCard : Ab dem 9. Juni 2024 wird die BahnCard 25 und 50 ausschließlich in digitaler Form angeboten. Dies bedeutet, dass Nutzer ein Online-Kundenkonto auf bahn.de oder die App "DB Navigator" benötigen, um ihre BahnCard zu erhalten. Die physische Karte wird nicht mehr ausgegeben, was viele Menschen, insbesondere ältere oder technologieferne Nutzer, vor Herausforderungen stellt.
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Ausschluss von Offline-Nutzern : Die Entscheidung, die BahnCard ausschließlich digital anzubieten, schließt eine signifikante Anzahl von Menschen aus, die kein Internet oder Smartphone nutzen. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland über drei Millionen Menschen, die noch nie das Internet genutzt haben. Diese Personen sind von den Vorteilen der BahnCard und anderen digitalen Angeboten ausgeschlossen.
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Einschränkungen bei Sparpreis-Tickets : Seit Oktober 2023 sind Sparpreis-Tickets nicht mehr als Papiertickets erhältlich, sondern können nur online oder über ein Kundenkonto erworben werden. Dies erfordert die Angabe einer E-Mail-Adresse oder Telefonnummer, was für viele Nutzer eine Hürde darstellt.
In seinem Blog hat sich Michael Kuketz ausführlich mit den noch tragbaren Optionen für ein Online-Ticket beschäftigt.
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Deutsche Post und DHL wurde vom Verein Digitalcourage mit dem BigBrotherAward für den praktizierten Digitalzwang ausgezeichnet. Kritiker argumentieren, dass viele Dienstleistungen nur noch über digitale Kanäle zugänglich sind, wodurch Personen ohne digitale Kompetenzen oder Zugang ausgeschlossen werden.
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Banken und Finanzinstitute setzen ebenfalls stark auf digitale Lösungen. Online-Banking und mobile Apps sind oft die einzigen Möglichkeiten, um auf Kontoinformationen zuzugreifen oder Transaktionen durchzuführen. Dies ist für ältere Menschen oder solche, die mit digitalen Technologien nicht vertraut sind problematisch.
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Öffentliche Verwaltungen in Deutschland haben ebenfalls einen Trend zur Digitalisierung verfolgt. Viele Dienstleistungen, die früher analog verfügbar waren, sind nun nur noch online zugänglich. Dies betrifft beispielsweise die Beantragung von Ausweisen oder anderen wichtigen Dokumenten, was zu einer Benachteiligung von Menschen führt, die keinen Zugang zu digitalen Ressourcen haben.
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Die elektronische Patientenakte (ePA) (auch dafür bekam Gesunsheitsminister Karl Lauterbach den Big Brother Award 2024) und die damit verbundenen gesetzlichen Regelungen zeigen, dass die Einführung digitaler Lösungen im Gesundheitswesen zunehmend den Digitalzwang fokussiert :
- Automatische Einrichtung: Ab dem 15. Januar 2025 wird die ePA für alle gesetzlich Versicherten automatisch von den Krankenkassen eingerichtet, es sei denn, die Versicherten widersprechen aktiv (Opt-Out-Verfahren). Diese Regelung könnte als Digitalzwang interpretiert werden, da viele Menschen ohne aktives Handeln in das digitale System integriert werden.
- Zugänglichkeit und Nutzung: Die ePA soll eine Vielzahl von Gesundheitsinformationen speichern und den Zugriff darauf ermöglichen. Kritiker argumentieren, dass die digitale Dokumentation und die damit verbundenen Prozesse komplex sein können, was insbesondere für ältere oder weniger technikaffine Menschen eine Hürde darstellt.
- Nutzungsquote: Die Bundesregierung strebt an, die Nutzungsquote der ePA bis 2026 auf 80 % zu steigern. Dies könnte den Druck erhöhen, digitale Lösungen zu nutzen, was wiederum den Eindruck eines Digitalzwangs verstärken kann.
- Kritik an der Umsetzung: Vertreter ärztlicher Organisationen haben Bedenken hinsichtlich der technischen Grundlagen der ePA geäußert und darauf hingewiesen, dass viele notwendige Funktionen fehlen. Diese Herausforderungen können die Akzeptanz und Nutzung der ePA beeinträchtigen und den Digitalzwang verstärken, da Patienten möglicherweise gezwungen sind, sich mit einem System auseinanderzusetzen, das nicht benutzerfreundlich ist.
Bewusster Umgang mit Apps und Digitalisierung
- Es lohnt sich, kritisch zu hinterfragen, ob eine App wirklich benötigt wirdund einen echten Mehrwert hat oder ob es analoge Alternativen gibt.
- Dem Teilen persönlicher Daten in Apps ist mit größter Vorsicht zu genießen. Datenschutzeinstellungen und -richtlinien sind trocken und langweilig - und dies absichtlich, damit sie keiner liest!
- Man kann bei Unternehmen und Behörden auch nachfragen, wenn es keine analogen Optionen gibt und deutlich machen, dass eine Wahl zwischen digitalen und analogen Angeboten gewünscht ist.
- Initiativen wie die Petition von Digitalcourage für ein "Recht auf Leben ohne Digitalzwang" kann man bereits durch Unterschrift und Verbreitung unterstützen
- Auch mit den Freunden und der Familie kann man das Bewusstsein teilen, kritisch mit Apps und Digitalisierung umzugehen und analoge Alternativen einzufordern.