Informaticus Philosophicus
Autor : Gerd Raudenbusch
Stand : 05.01.2025
Inhalt
- Teil 1 : Abschied von der Polarität
- Komplexe Systeme
- Rückkopplungen
- Iterationen
- Orbits und Fixpunkte
- Räuber-Beute-Beziehungen
- Ausblick auf komplexere Systeme
- Die synergetische Perspektive
- Strategien der Evolution
- Zelluläre Automaten
- Die Frage nach der Ordnung
- Multiagenten-Simulationen
- Sinn als Perspektive
- Neuronale Netze
- Kognitive Homöostase
- Kybernetik zweiter Ordnung
- Scheitern als Erfolgsrezept
- Lernen lernen
- Übergang zur transklassischen Logik
- Was wir NICHT sind
- Komplexe Systeme
- Teil 2 : Über das Unwissbare
- Quellen und weiterführende Literatur
Teil 1 : Abschied von der Polarität
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Es ist unbestreitbar, daß es zahllose Dichotomien in Natur und Physik gibt, denen auch wir als Menschen unterworfen sind. So haben wir in der modernen Gesellschaft neuerdings unendlich viele Geschlechter, von denen die davon unbeeindruckte Natur jedoch nach wie vor nur zwei für fortpflanzungsfähig hält. Obwohl das polare Prinzip der Vervielfältigung von Zellen und Organismen heutzutage nicht mehr heißen muss, daß man sich ihnen auch geistig bedingungslos unterwirft, sind dennoch immernoch mehrzählig Denkweisen vorherrschend, die ihnen mehr oder weniger tief verhaftet und dadurch eingeschränkt sind.
»Der neue Mensch der westlichen Hemisphäre identifiziert sich nicht mehr mit den reinen Formen des klassischen Denkens, die in einer langen und mühevollen Seelengeschichte des Menschen in der östlichen Hemisphäre entwickelt worden sind. Er sucht diese Formen dadurch von sich abzustoßen und sie innerlich zu überwinden, daß er versucht, sie aus seinem Seelenleben zu entlassen und in Maschinen, Roboter und KI, zu verbannen. [...] Aber die Tatsache, dass man in der Maschine immer wieder ein Produkt des Satans gesehen hat, weist auf eine enge Verbindung von Technik und Ethik hin, selbst wenn sie in diesem Fall das Äußerste an Negativismus bedeutet.« (Gotthard Günther).
Solange Menschen selbst wie ihre Maschinen denken, diese ehrfürchtig als überlegen betrachten, sich ihnen unüberlegt ausliefern und sich von Algorithmen polarisieren und ihre Aufmerksamkeit monetarisieren lassen, und dabei allmählich die Kontrolle über ihr eigenes Denken, Fühlen und Verhalten, und somit über ihre Entwicklung als Mensch verantwortungslos und vernachlässigen, oder gar Maschinen dazu benutzen, um sich sozialdarwinistisch über Andere zu stellen, bleibt der Zeitpunkt, an Maschinen mit Bewußtsein zu denken, hoffentlich unerreichbar weit in der Zukunft. Der Gedanke ist offensichtlich und zweifellos höchst dystopisch, solange der Mensch nicht selbst in der Lage ist, zu seiner natürlichen Menschlichkeit und ihrer überlegenen Stärke zu stehen.
In diesem Sinne hinken wir unserer Technik hinterher, womöglich verursacht dadurch, daß sich die Geisteswissenschaften und die Naturwissenschaften durch unterschiedliche Ansichten über die aristotelische Logik vor wenigen Jahrhunderten voneinander geschieden haben.
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Daher lohnt es sich, auch persönlich den Fragen nach dem Leben und dem Bewußtsein etwas auf die Spur zu kommen. Viele der bisherigen Erkenntnisse der Menschheit darüber waren so dermaßen tiefgreifend, daß daraus eigene theoretische Wissenschaftszweige oder gar Metatheorien entstanden sind.
Diese Erkenntnisse können es uns ermöglichen, uns über die letzten psychisch bikameralen Entwicklungswehen zu erheben, und dadurch soziale Emergenzen dauerhaft durch Reflexion anstatt durch Wertebekenntnisse zu erreichen.
Komplexe Systeme
Wer sich also die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest stellt, kommt nicht umhin, sich mit einer Reihe wirklich interessanter Theorien auseinanderzusetzen :
- Chaostheorie : Lehre über die Entstehung von Ordnung und deterministischem Chaos in dynamischen Systemen
- Kybernetik : Lehre von der Gestaltung und Lenkung dynamischer Systeme
- Synergetik : Lehre von der selbstorganisierten Bildung emergenter Strukturen in dynamischen Systemen
- Spieltheorie: Lehre der Modellierung von Entscheidungssituationen
- Systemtheorie : Lehre vom Aufbau und der Klassifikation von Systemen
Rückkopplungen
In allen Theorien über und um dynamische Systeme, wie es die komplexen Systeme sind, spielen die Rückkopplungen eine zentrale Rolle, sie sind der rote Faden, der sich durch die gesamte Erkenntnis zieht und all diese wissenschaftlichen Theorien miteinander verbindet.
that one was once inside once one tries to get oneself inside what one is outside: to eat and to be eaten to have the outside inside and to be inside the outside |
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(aus Knots., 1970, Seite 83, von R. D. Laing) |
Von diesen Rückkopplungen sind nicht nur die Neuronen unseres Gehirns und die Organe in unserem Körper betroffen, sondern auch unser Bewußtsein, unsere gesamten Sozialsysteme und das planetare Ökosystem.
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- Positive Rückkopplung („Teufelskreis“)
liegt vor, wenn sich eine Variable direkt oder indirekt selbst so beeinflusst, dass ihr Wachstum gleichzeitig zu weiterem Wachstum führt
- Kann eskalierend auf Gleichgewichte wirken
- Kann aber auch emergente Funktionen erzeugen
- Negative Rückkopplung („Engelskreis“) wirkt sich stabilisierend auf jedes System aus
Durch die Rückkopplung kann es zu unterschiedlichem Schwingungsverhalten kommen :
- Das System ist absolut stabil. Sein Verhalten führt zu keinerlei Änderungen mehr. Für ein Regelsystem mit negativer Rückkopplung ist dies ideal, aber meist unrealistisch. Für einen Wachstumsprozess ist es der Tod.
- Das System schwingt sich über eine negative Rückkopplung inform irgendeiner gedämpften Schwingung ein.
- Das System oszilliert zwischen zwei Werten. Dies ist der Realzustand aller physikalischen Regelsysteme und gleichzeitig dann der gewünschte Zustand, wenn die Extremwerte den richtigen Abstand voneinander haben (meist so klein wie möglich).
- Durch eine positive Rückkopplung wird die Oszillation des Systems immer stärker. Dies kann zur Zerstörung der bisherigen Rückkopplung führen und ist in Regelsystemen fast immer unerwünscht.
Das wohl einfachste Beispiel der Anwendung einer negativen Rückkopplung ist der mechanische Fliehkraftregler :
An einer drehenden Welle angebracht, werden seine gewichtigen Kugeln durch die Fliehkräfte nach außen gedrückt. Dieser Druck wird auf eine Bremse der Welle übertragen. Je schneller die Umdrehungen, desto stärker die Bremswirkung. Dadurch kann die Drehzahl der Welle konstant gehalten werden.
In der Mess- und Regeltechnik wird die negative Rückkopplung so beschrieben :
Eine "Störgröße" (z. B. Kälte) sorgt für den Abfall des IST-Werts, die "Regelgröße" (z. B. Raumtemparatur). Sie wird vom Fühler gemessen. Solange sie nicht dem SOLL-Wert, der "Führungsgröße" entspricht, wird die Regelgröße durch den Regler (z. B. Heizung) beeinflußt.
Regelsysteme, die sich nicht mehr stabilisieren, beginnen zu oszillieren. Diese Oszillationen können sich intensivieren, bis das System umkippt, also zerstört ist.
Bienen beispielsweise sind aus der Sicht der komplexen Systeme nicht nur generell wegen ihrer Schwarmintelligenz von besonderem Interesse. Wir können im Zusammenhang mit dem Schwingungsverhalten kybernetischer Systeme auch in Multiagenten-Simulationen nachvollziehen, warum sie, um ihr Nest zu temperieren, niemals alle gleichzeitig und auch nicht alle mit bei den gleichen Temparaturen mit dem Flügelschlagen (Kühlen) oder dem Vibrieren des Leibes (Heizen) beginnen : Eben genau, um das Oszillieren der Gesamttemparatur im Bau zu vermeiden. Ein System ist also, wie heute leicht nachvollziehbar ist , mitunter auch deswegen stabil, weil NICHT alle darin dieselben Entscheidungen treffen.
Iterationen
Die einfachste Form der Rückkopplung einer Größe auf sich selbst kann man mathematisch nicht nur durch Differenzialgleichungen, sondern auch durch Iterationsgleichungen darstellen. Während die Differenzialgleichungen explizit das Verhalten einer Größe beschreiben, tun dies Iterationsgleichungen nur implizit, indem sie lediglich die Rückkopplung der Größe beschreiben. Jedoch sind sie einfacher zu formulieren und meist einfacher zu berechnen.
- x₀ = <Startwert>
- x₁ = f ( x )
- x₂ = f ( x₁ ) = f ( f ( x₀ ) )
- xₙ₊₁ = f ( xₙ )
Diese Ausdrucksform ist so umfassend, daß die Mathematik damit sogar die Mächtigkeit ( ℵ ) von Mengen beschreibt.
- ℵ₀ = ∞
(abzählbar unendlich, z. B. 𝐍 ) - ℵ₁ = 2 ^ ( ℵ₀ )
(überabzählbar, z. B. 𝐑 ) - ℵₙ₊₁ = 2 ^ ( ℵₙ )
(verallgemeinerte Kontinuumshypothese)
Orbits und Fixpunkte
Iterationsgleichungen haben die interessante Eigenschaft, daß sich für ihre Variablen im Laufe mehrerer Iterationen entweder Serien von Werten, die sich immerzu wiederholen (Orbits) oder sogar einzelne Werte, die sich nicht mehr ändern (Fixpunkte) ausbilden können. Mathematisch ausgedrückt gilt für die Fixpunkte also : x = f(x), sprich, was rein geht, kommt auch raus.
Im Prinzip ist das der Schlüssel aller Anpassung.
Fixpunkten läßt sich noch eine weitere Eigenschaft zuordnen, die auch Auswirkungen auf das gesamte Iterationsverhalten hat. Sie können
- anziehend (man nennt diese dann "Attraktoren"),
- abstoßend (man nennt diese dann "Repelloren"),
- oder invariant (keines von beidem) sein.
Die obige Grafik zeigt die Iteration zu einem Attraktor. Man fängt mit einem Startwert auf der x-Achse an und berechnet den Funktionswert (entspricht senkrechter Linie). Die Funktion selbst ist hier die Parabel. Aus diesem y-Wert macht man einen neuen x-Wert (entspricht waagerechter Linie; die Hilfsfunktion, die hier als Gerade diagonal nach oben geht, entspricht y = x und reflektiert einen beliebigen y-Wert als x-Wert). Dann geht es in die nächste Iteration.
Beispiel : Feigenbaum
Mitchell Feigenbaum zeigt uns, daß bereits sehr einfache Iterationsgleichungen zu deterministisch chaotischem Verhalten führen können.
Wachstum kommt durch positive Rückkopplung zustande. Pierre-François Verhulst hat das Wachstum, wie es zum Beispiel für Bakterien in einer Petrischale mit Nährboden, aber auch in vielen anderen natürlichen Bereichen vorliegt, bereits im Jahre 1837 mathematisch wiefolgt beschrieben :
f(x) = k • x • (1 - x)
xₙ₊₁ = k • x • (1 - xₙ)
Zunächst vermehren sich Bakterien und sie sterben auch irgendwann eines natürlichen Todes - beides kontinuierlich. Das Verhältnis von Vermehrungs- und Sterberate der Bakterienart kann man durch den Faktor k ausdrücken. Außerdem ist die Nahrung begrenzt. Das heißt, irgendwann ist der Nährboden vollständig mit Bakterien besiedelt. Der zweite relevante Faktor in der Gleichung ist also die Größe der Petrischale (mit 1 angenommen), abzüglich des bereits besiedelten Bodens.
Erst mithilfe modernerer Technik war es möglich, die verschiedenen Fixpunkte der logistischen Funktion genauer zu erforschen, so wie es Mitchell Feigenbaum getan hat. Treten wir für einen Moment in seine Fußstapfen und untersuchen also die logistische Funktion, mit der Pierre-François Verhulst das Wachstum beschreibt, mit folgendem kleinen Python-Programm :
#!/usr/bin/python
def logistische_funktion(e, n, k):
x=0.05
print("i | n")
for i in range(1,n+1):
if i>=e:
print("{} | {:.3f}".format(i,x))
x = k * x * (1.0 - x)
while True:
k=input()
print("======================================================")
logistische_funktion(380, 400, k)
print("======================================================")
Wir betrachten die Ausgangswerte der 380. bis 400. Iteration mit verschiedenen k-Werten, in der sich erwartungsgemäß stabiles Verhalten sicher etabliert haben müßte :
Nun erweitern wir unser Python-Programm ein bißchen, sodaß es uns die Fixpunkte der logistischen Funktion in einem Diagramm auf der y-Achse in Abhängigkeit von den k-Werten auf der x-Achse anzeigt :
#!/usr/bin/python3
import numpy as np
import matplotlib.pyplot as plt
def plot_feigenbaum():
MU_MIN = 2.7
MU_MAX = 4.0
MU_DELTA = 0.001
NUM_IT = 400
X_INIT = 0.05
fig, ax = plt.subplots(nrows=1, ncols=1, figsize=(18, 10))
x = X_INIT
x_list = np.arange(MU_MIN, MU_MAX, MU_DELTA).tolist()
y_list = []
for k in x_list:
y = []
for it in range(NUM_IT):
x = k * x * (1.0 - x)
y.append(x)
y_list.append(y)
ax.plot(x_list, y_list, ",k")
ax.set_xlabel('Wachstumsfaktor K')
ax.set_ylabel('{} x-Werte'.format(NUM_IT))
plt.savefig("feigenbaum.png")
plt.show()
if __name__== "__main__":
plot_feigenbaum()
Mitchell Feigenbaum hat dadurch auch erkannt, daß
- das Verhältnis der Abstände zwischen den Gabelungen
- und das Verhältnis der Breiten aufeinander folgender Gabeln am nächsten Bifurkationspunkt
gegen konstante Werte, den sogenannten Feigenbaum-Konstanten streben. Diese sind den Chaos-Theoretikern so heilig, wie π den Pianern .
Beispiel : Mandelbrot und Julia
Das zweite, noch viel interessantere Beispiel zeigt uns
- daß Iterationsgleichungen auch fraktaloide Strukturen hervorbringen können, die in lebenden Systemen womöglich für eine holonische Organisation mitverantwortlich sind,
- und daß die interessanten, komplexen Mischungen in selbstorganisierten Systemen, aus denen womöglich, neue Emergenzen hervorgehen, nicht nur alleine auf Ordnung, sondern immer auch auf einer Portion Chaos basieren müssen
Zwischen der Mandelbrot-Menge und dem Feigenbaum-Diagramm gibt es eine direkte Korellation, wie das folgende Bild zeigt :
Wenn man das zugehörige Python-Programm schreiben will, fällt auf : Die vermeintlich einfach aussehende Iterationsgleichung zₙ₊₁ = (zₙ)² + c hat es insofern ein bißchen in sich, als daß z und c komplexe Zahlen sind, denn es gibt eigene Rechenregeln, um diese zu addieren und zu multiplizieren (ℂ ist ein eigener Körper).
#!/usr/bin/python3
import matplotlib.pyplot as plt
import numpy as np
def mandelbrot_set(width=1024, height=768, zoom=1, x_off=0, y_off=0, niter=256):
pixels = np.arange(width*height, dtype=np.uint16).reshape(height, width)
for x in range(width):
for y in range(height):
px = 1.5*(x + x_off - 3*width/4)/(0.5*zoom*width)
py = 1.0*(y + y_off - height/2)/(0.5*zoom*height)
c = complex(px, py)
z = complex(0, 0)
#z = complex(px, py) # Julia
#c = complex(-0.4, 0.6) # Julia
for i in range(niter):
if abs(z) > 4: break
z = z**2 + c
color = (i << 21) + (i << 10) + i * 8
pixels[y,x] = color
return pixels
pixels = mandelbrot_set()
plt.axis('off')
plt.imshow(pixels, cmap='magma')
plt.show()
Das Python-Programm liefert folgendes Bild :
Wir iterieren dabei über jeden Bildpunkt und "loten aus", ob und wann die Iterationsgleichung für diesen einen beschränkten Orbit liefert, oder aber, ob nur deterministisches Chaos dabei herauskommt. Die dafür verwendete Abbruchbedingung beim Ausloten kann mathematisch hergeleitet werden. Die Einfärbung entspricht dabei der Iterationstiefe.
Mit dem gleichen Algorithmus kann man auch die verwandte Julia-Menge darstellen, wenn man ihn leicht modifiziert. Anstatt mit z = 0 zu starten, und die Bildpunkte in c einzusetzen, geben wir zur Berechnung der Julia-Menge c einen konstanten Wert und setzen die Bildpunkte in z₀ ein. Das ergibt folgendes Bild :
Räuber-Beute-Beziehungen
Räuber-Beute-Systeme sind ein wunderbares Anschauungsobjekt für die kybernetische Rückkopplung zwischen zwei Größen in einem dynamischen System (z. B. Hasen und Füchse).
Eine Räuber-Beute-Beziehung kann durch Differentialgleichungen dargestellt werden. Die Lotka-Volterra-Gleichungen, in die wir uns gar nicht weiter vertiefen brauchen, wurden in den 1920er Jahren von ihren beiden Namensgebern ohne jegliche Zusammenarbeit aufgestellt entspringen im Prinzip der logistischen Funktion.
Die Gleichungen können ebenso auch parasitäre, symbiotische oder konkurierende Beziehungen beschreiben und lassen sich auch in Iterationsgleichungen umformen.
Typischerweise läuft die Kurve der Populationsdichte des Räubers der Kurve der Populationsdichte der Beute nach. Da die Kurven zeitlich versetzt verlaufen, entsteht keine sofortige negative Rückkopplung, sondern es gibt periodisch verlaufende Schwankungen.
Ausblick auf komplexere Systeme
Als Edward N. Lorenz ein vereinfachtes Gleichungssystem, bestehend aus drei gekoppelten Größen, für Wettervorhersagen modellieren wollte, stieß er auf eine Merkwürdigkeit : Als er seine ersten Ergebnisse abends noch einmal mit einer um ein paar Kommastellen höheren Genauigkeit ausrechnete, kam er unerwartet zu völlig verschiedenen Ergebnissen.
Dem nach ihm benannten Lorenz-Attraktor entspringt die Metapher des Schmetterlingseffekts, daß "der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen kann".
Die synergetische Perspektive
Bereits Max Planck wies darauf hin, dass das physikalische Weltbild der Moderne seinen anschaulichen Charakter immer mehr einbüßt, und dass Qualitätsunterschiede immer mehr auf Quantitätsunterschiede zurückgeführt werden.
Hermann Haken fand in der Synergetik die Ordnungsparameter eines Systems, die den Rest des Systems zu einer Ordnung "versklaven". Er arbeitete seinerzeit an der Entwicklung des Lasers, und wunderte sich über den sprunghaften Übergang des Lichts von normalem Licht mit vielen Wellenlängen ("Farben") zu Laserlicht mit nur einer Wellenlänge. Aus dem Resonator, den er baute, trat erst dann monochromatisches Laserlicht aus, als die Teilchen im Resonator durch die optische Pumpe über ein gewisses Energie-Niveau hinaus angeregt wurden. Ansonsten trat nur gewöhnliches Licht aus. Im Gegensatz zu Übergängen von Aggregatzuständen, welche ähnlich verlaufen, ist der Laser jedoch (wie auch alles Leben) ein Nichtgleichgewichtssystem
Das Verhalten der Amplitude des austretenden Lichts kann man mit einem Teilchen vergleichen, das einerseits abgebremst, andererseits durch unregelmäßige Stöße der Rauschkraft angestoßen wird. Hermann Haken untersuchte das mögliche Bewegungspotential (V) des Teilchens stochastisch, und fand heraus, daß es initial einer Parabel gleicht, in der das Teilchen am liebsten in dem Zustand in der Mitte liegen bleibt, solange es nicht angestoßen wird.
Jedes Zurückrollen erzeugt einen abklingenden Wellenzug. Bei quantitativ zunehmender Pumpstärke verformt sich das Bewegungs-Potential (V) des Teilchens aber qualitativ. Die bisherige Nullage in der Mitte wird instabil, und die Teilchen wandern plötzlich in eines der neuen Täler; das ist der Laserzustand.
Hermann Haken hat einige weitere Phänomene gefunden, die durch die Synergetik erklärt werden können. Hier ein weiteres Beispiel :
Die Physik des Lasers korreliert mit den Lotka-Volterra-Gleichungen :
- Die Beute entspricht der Anzahldichte der angeregten elektronischen Zustände in einem (z.B. optisch) gepumpten Material
- Die Räuber entsprechen der im Resonator des Lasers befindlichen/eingekoppelten Photonen
- Die Koeffizienten des Lotka-Volterra Gleichungsmodells entsprechen bei den Ratengleichungen des Lasers den Einstein-Koeffizienten der spontanen und stimulierten Emission sowie der Absorption
Die Synergetik korreliert mit den Theorien über dissipative Strukturen, wie Leben. Diese Theorien sind mitunter den Arbeiten von Alan Turing zu verdanken.
Strategien der Evolution
Das evolutionäre Konzept ist der materialistische Beitrag zum physischen Dasein, der den Schwächsten das Fortbestehen verwehrt und dadurch das Gesamtsystem verbessert. Man kann diese Vorgehensweise nachbilden, und damit Näherungen zu Problemen finden, die nicht effizient durch Berechnung gelöst werden können. Dabei geht man folgendermaßen vor :
- Zufällige Initialisierung der Anfangspopulation mit Genen
- Jedes Element wird nach seiner Fitness bewertet
- Wenn es die Lösung erfüllt, endet der Algorithmus
- Bei der Selektion werden die schlechtesten Elemente verworfen
- Entweder inform eines Alters
- Oder man vergeicht zwei zufällig gewählte Elemente und behält nur das bessere
- Bei der Vermehrung
- nimmt man zwei Elemente, kreuzt die Gene an einer zufälligen Stelle und erzeugt daraus zwei neue Elemente ("Crossover")
- Außerdem verändert man einzelne Bits im Genom der neuen Elemente zufällig (Mutation)
Das folgende Python-Programm findet z. B. auf diese Weise sehr schnell das Minimum der zweidimensionalen Funktion z = x² + y² :
#!/usr/bin/python3
from numpy.random import randint
from numpy.random import rand
# Funktion x² + y²
def objective(x):
return x[0]**2.0 + x[1]**2.0
# Gene in Funktionsparameter umwandeln
def decode(bounds, n_bits, bitstring):
decoded = list()
largest = 2**n_bits
for i in range(len(bounds)):
start, end = i * n_bits, (i * n_bits)+n_bits
substring = bitstring[start:end]
chars = ''.join([str(s) for s in substring])
integer = int(chars, 2)
value = bounds[i][0] + (integer/largest) * (bounds[i][1] - bounds[i][0]) # Skalieren
decoded.append(value)
return decoded
def selection(pop, scores, k=3):
selection_ix = randint(len(pop))
for ix in randint(0, len(pop), k-1):
if scores[ix] < scores[selection_ix]:
selection_ix = ix # Besseres Minimum
return pop[selection_ix]
def crossover(p1, p2, r_cross):
c1, c2 = p1.copy(), p2.copy()
if rand() < r_cross:
pt = randint(1, len(p1)-2) # Crossover-Punkt
c1 = p1[:pt] + p2[pt:]
c2 = p2[:pt] + p1[pt:]
return [c1, c2]
def mutation(bitstring, r_mut):
for i in range(len(bitstring)):
if rand() < r_mut:
bitstring[i] = 1 - bitstring[i] # Flip bit
def genetic_algorithm(objective, bounds, n_bits, n_iter, n_pop, r_cross, r_mut):
# Population mit Zufallswerten initialisieren
pop = [randint(0, 2, n_bits*len(bounds)).tolist() for _ in range(n_pop)]
best, best_eval = 0, objective(decode(bounds, n_bits, pop[0]))
for gen in range(n_iter):
decoded=[decode(bounds, n_bits, p) for p in pop] # Funktionsparameter aus Genen entpacken
scores=[objective(d) for d in decoded] # Funktionswerte ermitteln
for i in range(n_pop):
if scores[i] < best_eval:
best, best_eval=pop[i], scores[i]
print(">%d, new best f(%s) = %f" % (gen, decoded[i], scores[i]))
selected=[selection(pop, scores) for _ in range(n_pop)]
children=list()
for i in range(0, n_pop, 2):
p1, p2=selected[i], selected[i+1]
# Crossover und Mutation
for c in crossover(p1, p2, r_cross):
mutation(c, r_mut)
children.append(c)
pop=children # Generationswechsel
return [best, best_eval]
bounds=[[-5.0, 5.0], [-5.0, 5.0]] # Wertebereich der Funktionsparameter
n_iter=100
n_bits=16
n_pop=100 # Populationsgröße
r_cross=0.9 # Crossover-Rate
r_mut=1.0 / (float(n_bits) * len(bounds)) # Mutationsrate
best, score=genetic_algorithm(
objective, bounds, n_bits, n_iter, n_pop, r_cross, r_mut)
print('Done!')
decoded=decode(bounds, n_bits, best)
print('f(%s) = %f' % (decoded, score))
Hier ist eine Beispiel-Ausgabe :
>0, new best f([-0.49957275390625, 0.20111083984375]) = 0.290019
>0, new best f([- 0.480499267578125, 0.213775634765625]) = 0.276580
>1, new best f([- 0.243072509765625, -0.27069091796875]) = 0.132358
>1, new best f([-0. 140228271484375, -0.18768310546875]) = 0.054889
>2, new best f([- 0.137786865234375, -0.18768310546875]) = 0.054210
>3, new best f([0.067291259765625, -0.18768310546875]) = 0.039753
>4, new best f([0.06591796875, -0.18768310546875]) = 0.039570
>4, new best f([-0.054168701171875, 0.032501220703125]) = 0.003991
>5, new best f([-0.054168701171875, 0.00762939453125]) = 0.002992
>6, new best f([0.04119873046875, 0.01922607421875]) = 0.002067
>7, new best f([0.04119873046875, 0.0183105468751) = 0.002033
>7, new best f([0.0408935546875, 0.0042724609375]) = 0.001691
>8, new best f([- 0.034027099609375, -0.006561279296875]) = 0.001201
>8, new best f([0. 0140380859375, 0.0144958496093751) = 0.000407
>9, new best f ([0.0042724609375, 0.0144958496093751) = 0.000228
>12, new best f ([0. 012054443359375, 0.00823974609375]) = 0.000213
>14, new best f([0. 00579833984375, 0.00640869140625]) = 0.000075
>16 , new best f ([0.00579833984375, 0.00518798828125]) = 0.000061
>17, new best f([0.005950927734375, 0.00396728515625]) = 0.000051
>17, new best f([0.000762939453125, 0.003967285156257) = 0.000016
>21, new best f([0.0006103515625, 0.00213623046875]) = 0.000005
>23, new best f([0.0, 0.0]) = 0.000000
Done!
f([0.0, 0.0]) = 0.000000
Damit kann man schon einigen Problemen begegnen, z. B., dem „Travelling Salesman“-Problem, dem Gradientenabstieg für mehrlagige künstliche neuronale Netze, der Aktienanalyse oder der RNA-Strukturvorhersage.
Das evolutionäre Konzept ist ein integraler Bestandteil unseres Planeten. Da die Zeitspanne der gesamten Existenz der Menschheit und des Menschen nur ein Bruchteil derer der gesamten Natur ist, und sie offensichtlich schon länger als er im Geschäft des Lebens ist, sollte der Mensch erkannt haben, daß sein Wissen über sie, auch wenn es stetig wächst, bis auf Weiteres unvollständig ist, und das letzte Wort, wenn es je ausgesprochen werden muss, sein eigenes ist, das aus ihrem Munde kommen wird.
Obwohl es noch Menschen gibt, die an den Irrglauben gewöhnt sind, daß wir eine ausreichend reflektierte Vorstellung von Perfektion haben und den Planeten und die Natur perfekt beherrschen, und sich durch ihre Hybris bestärkt fühlen, sich dem Sozialdarwinismus hinzugeben, weiß der Rest der Menschheit längst, daß es WIR SELBST sein können, die im Zweifel von der Evolution beseitigt werden, wenn wir uns nicht entsprechend dem Rest den umgebenen komplexen Ökosystems anpassen.
Zelluläre Automaten
Auch zelluläre Automaten verwenden die iterierte Rückkopplung. Dabei wird durch (für den Automaten) allgemeingültige Regeln bestimmt, in welchem Zustand jede Zelle sich in der nächsten Iteration befinden soll. Diese Zellzustände und ihre Veränderung werden grafisch dargestellt.
Zelluläre Automaten haben vier Grundparameter :
- Anzahl der Dimensionen (z.B. 1-dimensional)
- Anzahl der Zustände pro Zelle (z.B. 0 und 1)
- Übergangsregeln
- Nachbarschaftsbeziehungen
-
z.B. links und rechts
-
z. B. Von-Neumann-Nachbarschaft
(links, rechts, oben, unten) -
z. B. Moore-Nachbarschaft
(auch die diagonalen Nachbarn)
-
Die Ränder grenzen aneinander, wie bei Pacman :
- Bei einem eindimensionalen ZA → Kreis, d.h. die äußersten Punkte sind Nachbarn
- Bei einem zweidimensionalen ZA → Torus, d.h. die äußersten Kanten grenzen aneinander
- Bei einem dreidimensionalen ZA → Hypertorus, d.h. die äußersten Flächen grenzen aneinander
Eindimensionale zelluläre Automaten
Die Welt eines eindimensionalen ZA ist nicht mehr als eine Aneinanderreihung von Pixeln.
Stephen Wolfram hat die eindimensionalen ZA systematisch untersucht. Ob eine Zelle in diesen Automaten geboren wird, am Leben bleibt oder stirbt, hängt in seinem eindimensionalen ZA-Universum sowohl von ihrem eigenen Zustand, als auch den unmittelbaren Nachbarn der Zelle ab. So müssen insgesamt drei Zellen (Bits) pro Platz (Pixel) betrachtet werden, um den nächsten Zustand zu berechnen.
Dies führt zu 2³ = 8 möglichen Übergängen :
Die Spalte "Zelle neu" enthält dabei die Ergebnisse zu den möglichen Übergängen für einen bestimmten von insgesamt 256 möglichen Automaten. Diese 8 Bit passen genau in ein Byte. Damit steckt also der gesamte Regelsatz für einen bestimmten eindimensionalen ZA in einer Zahl zwischen 0-255, weil dadurch alle Übergangsregeln für diesen Automaten definiert sind.
Beispiel : Regel 22 entspricht binär geschrieben 00010110. Bit0 ist ganz rechts. Die Regel würde also die Spalte "Zelle neu" von oben nach unten mit 0,1,1,0,1,0,0,0 befüllen.
Bei den eindimensionalen ZA kann man die jeweiligen Iterationen (Striche) untereinander malen. Das folgende Python-Programm zeichnet uns beliebige ZA aus Stephen Wolfram's eindimensionalen Universum :
#!/usr/bin/python3
from __future__ import division
import sys
import numpy as np
import matplotlib.pyplot as plt
if __name__ == "__main__":
rule = sys.argv[1]
w = 1000
r = s = [0] * w
r[int(w/2)] = 1
d = 0
xlist = []
ylist = []
fig, ax = plt.subplots(nrows=1, ncols=1, figsize=(18, 10))
for j in range(0, int(w/2)):
n = (r[0] << 1) + r[1]
for i in range(1, w):
if r[i] == 1:
xlist.append(i)
ylist.append(d)
for i in range(2, w):
n = (n << 1) + r[i]
if n >= 8:
n -= 8
s[i-1] = (int(rule) >> n) % 2
r = s
d += 1
plt.plot(xlist, ylist, ",k")
plt.savefig("cellular.png")
plt.show()
So sieht Beispielsweise die Regel 22 aus :
Dieses Sierpinski-Dreieck ist zwar ein klassisches Fraktal, aber noch nicht komplex, sondern völlig geordnet. Die nächste Zeile wäre auch ohne Kenntnis der Regeln vorhersagbar, alleine aufgrund des sichtbaren Musters.
Anders verhält es sich aber z. B. mit der komplexen Regel 30 :
Obwohl dies insgesamt eigentlich ein sehr einfaches iteratives System mit wirklich einfachen Regeln ist, ist das Verhalten nicht mehr komplett vorhersagbar, in dem Sinne, daß niemand (auch kein Rechner) spontan vorhersagen könnte, wie z. B. die 1.000.000.000ste Iteration aussieht. Die Zellen müssen dies bis dorthin "durch-leben", damit man das Ergebnis erfahren kann !
Zweidimensionale zelluläre Automaten
Der bekannteste, zweidimensionale ZA, der komplexes Verhalten hervorbringen kann, ist das Game of life (Spiel des Lebens) von Horton Conway. Das Pixelfeld ist nun zweidimensional. Die Regeln sind wiefolgt :
Die Iterationen des Game of life lassen sich am besten bewegt, also im zeitlichen Verlauf verfolgen. So können auf dem Spielfeld des Game of life bestimmte Formen mit bestimmten Eigenschaften existieren, die sich kategorisieren lassen.
Die bekanntesten Objekte des Game of life sind :
- Statische Objekte
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- Oszillierende Objekte
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- Raumschiffe und Gleiter
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- Gleiterkanonen
Eine sehr interessante Figur ist auch das f-Pentomino als alleinige Startfigur auf dem Spielfeld :
Über 1102 Iterationen lang ist der Verlauf chaotisch, und dann am Ende oszillierend :
Das f-Pentomimo ist das einzige rechtwinklige Objekt aus weniger als 6 lebenden Zellen, das eine so aktive Welt erzeugt, alle anderen wachsen nach spätestens 10 Generationen nicht weiter.
Bemerkenswert ist außerdem :
→ Das Game of Life ist Turing-vollständig :
Man kann die Funktionen „UND“, „ODER“ und „NICHT“ durch Objekte des Game of life bauen und beliebig verschachteln. Dadurch kann man einen "Computer" bauen, der ein beliebiges berechenbares Problem lösen kann.
→ Das Game of Life ist unentscheidbar :
Es gibt Konfigurationen, von denen man nicht sagen kann, ob die eine Konfiguration aus der anderen entstehen kann oder nicht.
Ist diese Unentscheidbarkeit, so stellt sich also die Frage, vielleicht ein essenzieller Baustein lebender Systeme ? Diese Unentscheidbarkeit, die die Schöpfung womöglich zum Durchleben zwingt, um ein Ergebnis zu erfahren ? Und was können WIR entscheiden, und was ist bereits entschieden ?
Buridan's Esel steht zwischen zwei Heuhaufen, die beide exakt gleich weit weg sind, und exakt gleich riechen und aussehen. Trotzdem würde kein realer Esel je verhungern, nur weil er sich nicht zwischen ihnen entscheiden könnte.
»Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden.« |
Wer es selbst spielen möchte :
Das Projekt "golly" ist eine kostenlos erhältliche Implementierung des Game of life und auf nahezu jeder Plattform verfügbar !
Es war übrigens Rudolf Kaehr (dessen Mentor Gotthard Günther war), der die ZA aus morphogrammatischer Sicht untersucht, und eine Klaviatur für zelluläre Automaten entwickelt hat.
Klassifikation und Bedeutung zellulärer Automaten
Christopher Langton hat versucht, diese unterschiedlichen Verhaltensweisen von ZA zu klassifizieren und die Komplexität in einer Konstante auszudrücken. Die von ihm eingeführte Konstante λ (lambda) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Zelle in der nächsten Generation lebendig ist.
- Klasse 1: statisch
Entwicklung zu einem stabilen Zustand
(bei Game of Life : λ=0) - Klasse 2: periodisch
Stabile oder oszillierende Strukturen
(bei Game of Life : 0 < λ < 0.273) - Klasse 3: chaotisch oder pseudozufällig
(Bei Game of Life : 0.273< λ < 0.5) - Klasse 4: komplex
Nicht explizit in Klasse 1-3 einzuordnen
(Bei Game of Life : λ = 0.273)
Neben der Simulation von Waldbränden, Räuber-Beute-Beziehungen, Verkehrsmodellen (Nagel-Schreckenberg-Modell) und der Simulation von Gasen oder Flüssigkeiten haben ZA aber noch weitaus größeres Potential. Daß Stephen Wolfram von der Idee zellulärer Automaten, begeistert ist, zeigt sein Buch "A new kind of science", welches er bereits 2002 veröffentlichte. Er sieht in ZA das Potential, damit womöglich den heiligen Gral der Physik zu finden. Sein ausgearbeiteter Ansatz dazu ist mehr als beeindruckend !
Die Ausgangsbasis sind gerichtete Graphen, die ganz einfach durch Tupel von Start- und Endknoten beschrieben werden können.
Ein beispielhafter Graph könnte zum Beispiel so beschrieben werden :
{{1, 2}, {2, 3}, {3, 4}, {2,4}}
Dieser Graph sieht so aus :
Auch die Übergangsregeln können in der Tupel-Schreibweise dargestellt werden. So könnte eine Regel lauten :
{{x, y), {x, z}} -> {{x, z}, {x, w}, (y, w}, {z, w}}
Diese Regel sieht graphisch dargestellt so aus :
Wenn wir diese Regel nun einmal auf den Beispielgraphen anwenden, werden dadurch die Relationen {2,3} und {2,4} berührt :
{{1, 2}, {2, 3}, {3, 4}, {2, 4}} → {1, 2}, {3, 4}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 5}, {4, 5}}
Bereits nach wenigen Iterationen der Regel entsteht ein äußerst komplexer Graph :
In beeindruckender Weise bringt der Physiker und Mathematiker damit Masse, Energie, Raum, Zeit, Dimensionen und Kausalität in Zusammenhang, ohne dabei den bisherigen Überlegungen von Einstein zu widersprechen.
Damit fundiert Stephen Wolfram seine Idee auf - wie soll es sonst auch anders sein - Rückkopplung ! Er betont auch, daß die Theorie selbst autologisch sein, sich also selbst erklären können muss, anstatt sich - wie bisher klassisch - von dem auszugrenzen, was sie selbst beschreibt. Auch seine Gedanken über Bewußtsein sind in diesem Zusammenhang beeindruckend.
Die Frage nach der Ordnung
Der Poststrukturalismus kritisiert die Vorstellung, dass sämtliche Systeme - insbesondere soziale - alleine durch Funktionen regelbar sein sollen.
Daß die Ordnung in einem System von seinen Funktionen bestimmt wird, mag vielleicht zunächst wie eine Vereinfachung klingen. Aber nicht immer ist so eine Ordnung einfach erkennbar, selbst wenn sie vorhanden ist. Und dies ist insbesondere bei Systemen so, in die man nicht "hineinschauen" kann (Black Box).
Man spreche der Reihe nach die gesehenen Farben der Worte - dies beweist, daß Ordnungen prinzipiell miteinander interferieren können, und wir von den unendlich vielen Ordnungen im Universum um uns genau diejenigen vorfinden, mit denen wir am meisten harmonieren.
Triviale Maschine
So hat Heinz von Foerster zu dieser Anschauung zunächst eine "triviale Maschine" ersonnen, die man sich als Black Box vorstellen muss.
Die linke Tabelle zeigt eine beispielhafte Belegung.
- Zu jedem möglichen Eingangswert x {A, B, C oder D} liefert diese Maschine immer einen Ausgangswert y {α, β, γ oder δ}, d. h. sie ist determiniert
- Da sie keinen inneren Zustand hat, ist es auch egal, wann die Eingabe erfolgt, die Maschine liefert zu jedem Eingangswert immer den gleichen Ausgangswert und ist somit geschichts-UNabhängig.
- Jemand, der mit dieser Maschine spielt, findet in kürzester Zeit ihre "Belegung" heraus, sprich, wie die Eingangswerte mit den Ausgangswerten zusammenhängen. Die Maschine ist also vorhersagbar
Nichttriviale Maschine
Eine nichttriviale Maschine enthält im Inneren zwei triviale Maschinen :
Die linke Tabelle zeigt wieder eine beispielhafte Belegung.
Beispiel : Initial ist die Maschine im Zustand 1. Ein B am Eingang x liefert ein β am Ausgang y, und versetzt die Maschine in den inneren Zustand z' = 2. Ein weiteres B am Eingang liefert nun ein γ am Ausgang und versetzt die Maschine in den Zustand z' = 1
- Auch diese Maschine ist determiniert
- Da die Maschine zwei innere Zustände haben kann, ist sie geschichts-ABhängig.
- Da es (2⁴)⁴ • (2⁴)⁴ = 2⁵¹² ≈ 10¹⁵⁵ mögliche Maschinen gibt, ist sie für einen Spieler UNvorhersagbar
Heinz von Foerster hat mit dieser Erkenntnis immer wieder darauf hingewiesen, dass die Kybernetik kein soziales Machtinstrument sein KANN :
Dem hat sich musikalisch zu dieser Zeit auch Roger Waters von Pink Floyd in "The Wall" angenommen :
Im Film "Donnie Darko" hat der Regisseur Richard Kelly hervorragend veranschaulicht, wie eindimensionalen Denk-Schubladen sich immer wieder als Risse in der Gesellschaft inform falscher geistiger Dilemmata manifestieren :
Diese klassische Streckbank des Fehlschlusses des falschen Dilemmas war in Gotthard Günthers polykontextualer Logik das zentrale Thema, welches er beleuchtete.
Die nichttriviale Maschine macht deutlich, wie schnell und einfach Unvorhersagbarkeit hergestellt werden kann, wie unvorhersagbar wohl ein Mensch dagegen ist, und wie leicht es zu Schwierigkeiten kommen kann, wenn zwei (nichttriviale) Menschen z. B. durch Zisch- und Grunzlaute (Sprache) miteinander kommunizieren. Umso erstaunlicher ist es, daß Lebensformen mit endlichem Reflexionsvermögen es schaffen, in einer unendlich komplexen Welt zu überleben. Wie machen sie das ?
»Statt in der Umwelt nach Mechanismen zu suchen, die Organismen in triviale Maschinen verwandeln, müssen wir die Mechanismen innerhalb der Organismen feststellen, die diese in den Stand versetzen, ihre Umwelt zu einer trivialen Maschine zu machen« |
Multiagenten-Simulationen
Wir haben heute mit Implementierungen, wie MASON, Swarm, SeSAm, oder Netlogo (dies sogar online im Browser) die Möglichkeit, Heinz von Foersters Forderung nach der Suche innerer Mechanismen direkt durch Multiagenten-Simulationen zu verwirklichen. Weit über die Mächtigkeit zellulärer Automaten hinaus können wir dabei beliebige Verhaltensweisen für beliebig viele Arten von einzelnen Individuen durch sogenannte "Agenten" repräsentieren. Diese müssen nicht zwingend nur Lebewesen, sondern können abhängig vom Modell auch einzelne Partikel wie Moleküle o. ä. repräsentieren.
Neben komplexeren Modellen, wie Viren, Epidemien, COVID-19, oder auch Computerviren oder dem Klimawandel lassen sich damit auch elementare kybernetische Elemente wie positive oder negativen Rückkopplungen, z. B. zwischen der Menge von Gras und Hasen oder in einer klassischen Räuber-Beute-Beziehung zwischen Schafen und Wölfen sehr gut visualieren und untersuchen. Es gibt es aber auch Multiagenten-Simulationen mit echten Agenten, wie den Robocup, in denen Roboter Fußball spielen.
Ameisenstraßen
Ameisen wählen zu einer Futterquelle immer den Weg mit den höchsten Duftstoff-Konzentration, die ihre Vorgänger hinterlassen haben. Zwei gleichwertige Wege werden zwar gleichhäufig genutzt, aber die Ameisen auf dem kürzeren Weg kehren schneller von der Futterstelle zurück, so dass mit der Zeit auf dem kürzesten Pfad eine höhere Duftstoff-Konzentration als auf dem anderen vorherrscht. In der Folge wählen die nachkommenden Ameisen bevorzugt den kürzesten Weg: Eine Ameisenstraße ist entstanden. Dieses Verhalten kann durch Multiagenten simuliert und genutzt werden.
1: Die erste Ameise findet eine Futterquelle (F), benutzt den Weg (a), dann erreicht sie das Nest (N), und hinterlässt eine Pheromonspur. 2: Andere Ameisen folgen der ersten auf 4 möglichen Pfaden. 3: Die Ameisen folgen dem kürzesten Pfad. Auf diesem Prinzip können z. B. Routing-Algorithmen in vermaschten Netzwerken basieren.
Emergenz
Wenn das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist, reden wir von Emergenz. Wie sich z. B. aus einzelnen Zellen Mehrzeller entwickelt haben könnten, wie es ein Blick auf die Volvox Grünalgen augenscheinlich vermuten läßt, oder aber auch die Bildung von Walddächern, Territorien von Tieren, Fell- und Muschelmustern, Kristall- und Kornwachstum, Rissen in getrocknetem Schlamm, Straßennetzen und anderen geologischen Phänomenen, können Voronoi-Diagramme beschreiben. Sie finden vielfach in der Computergrafik, der Bildverarbeitung und der Pfadplanung für Roboter oder auch im Marketing Anwendung und können durch Multiagenten simuliert werden.
Soziale Systeme
Ein Schlüssel sozialen Verhaltens und den daraus erwachsenden, emergenten Systemeigenschaften, wie z. B. Solidarität, ist zweifellos die Kooperation zwischen Menschen. Sie ist in der Regel für alle Beteiligten vorteilhaft.
Die Spieltheorie kann inform von formalisierten "Spielen" zeigen, wie Spieler aus Eigeninteresse dahin kommen, kooperatives Verhalten zu entwickeln, unter welchen Bedingungen sich Kooperation als Normalverhalten etablieren und erhalten kann und unter welchen Bedingungen Kooperation nicht entsteht oder zurückgeht. Die Erkenntnisse der Spieltheorie spielen bei sozialen, wirtschaftlichen oder militärischen Wechselwirkungen eine wesentliche Rolle; auch Recht und Moral dienen in erster Linie dazu, Interessenskonflikte zu bewältigen. Durch das Untersuchen dieser Konfliktsituationen sind Strategien, wie Tit for Tat oder Win-stay, loose-shift entstanden, für die sich Multiagenten-Simulationen zur Untersuchung und Visualisierung bestens eignen.
Dabei darf die Künstlichkeit der Modelle, die nicht perfekt abbilden können, wie es im „wirklichen Leben“ zugeht, nicht vergessen werden. Modelle sind in einer gegebenen Realität erst dann anwendbar, wenn sich mit ihnen in dieser Realität ausreichend gute Vorhersagen machen lassen.
Vertrauen
In der Bimatrix des Vertrauensspiels stellen sich Gewinn und Verlust folgendermaßen dar :
B honoriert | B mißbraucht | |
---|---|---|
A vertraut | 1 / 1 | -1 / 2 |
A vertraut nicht | 0 / 0 | 0 / 0 |
Das Dilemma des Vertrauensspiels kann nur durch Reputation (Vertrauens-Erfahrungen über den Treuhänder B des Treugebers A) oder durch Kontrolle (z. B. Sanktionen bei Missbrauch) gelöst werden. Wer Vertrauen dauerhaft mißbraucht, ist sozial isoliert ! Selbst jene Individuen, die sich Vertrauensbrüche als Basis ihrer Existenz gewählt haben, müssen vertrauen, nämlich der Kooperation ihrer Gleichgesinnten.
Kooperation
Anscheinend sind Menschen besonders befähigt, sich aus sozialen Fallen, wie dem Gefangenen-Dilemma zu befreien. Im übertragenen Sinne taucht es in vielen Konfliktsituationen immer wieder auf. Die zwei Beteiligten dieses Spiels müssen unabhängig voneinander entscheiden, ob sie ein Verbrechen gestehen, oder nicht, wobei das Verschweigen zwar lohnender, aber auch riskanter ist. In der Bimatrix stellen sich die Jahre des möglichen Freiheitsentzugs wiefolgt dar :
B schweigt | B gesteht | |
---|---|---|
A schweigt | 2 / 2 | 6 / 1 |
A gesteht | 1 / 6 | 4 / 4 |
Das Paradoxon : Durch Eigennutz schaden wir uns selbst ! Die dominante Strategie beider Gefangenen ist, zu gestehen. Diese Kombination stellt auch das einzige Nash-Gleichgewicht dar.
Wie man selbst beim wiederholten Spiel des Gefangenen-Dilemmas feststellen kann, ist die beste Strategie hier Win-stay, loose-shift. Auch in der evolutionären Simulation setzt sich diese durch.
Die berüchtigte "unsichtbare Hand", die laut Adam Smith die eigennützigen Bemühungen der Wirtschaftstreibenden harmonisiert, und das Gemeinwohl dadurch maximiert, dass diese ihr eigenes Einkommen maximieren, versagt im sozialen System komplett !
Von Tit for Tat wurde erhofft, nicht nur eine Regel in einem Gefangenen-Dilemma zu sein, sondern ein wesentliches gesellschaftliches Konzept eines gegenseitigen Altruismus sein zu können. Für Zweipersonen-Interaktionen ist die Tit for Tat-Strategie in einem altruistisches System erfolgreich, doch bereits wenige Trittbrettfahrer lassen sie dort scheitern. Agenten jedoch, die nicht zwanghaft an einem altruistischen System teilnehmen müssen, wirken wiederum als Katalysatoren, sodaß diejenigen im System dieses erst durch sie anfangen, selbstbestimmt gegen Parasitentum verteidigen.
Thomas Hobbes Beitrag zur Vertragstheorie war unter anderem, auf der Erkenntnis basierend, daß eine individuell rationale Entscheidung zu kollektiv schlechteren Ergebnissen führen kann, in seinem Werk Leviathan darzulegen, daß die Vernunft nicht gebieten kann, einem Gesetz zur friedlichen Koexistenz zu folgen, solange erwartet werden muss, dass die anderen dies nicht ebenfalls tun.
So schützen Gesetze heute den Einzelnen zumindest unmittelbar vor der Räuberei, die bei Anarchie sehr schnell zur dominanten Strategie werden würde, und sie etablieren Kooperation und Altruismus als normative Werte (z. B. durch Sanktionierung unterlassener Hilfeleistung).
Es ist legitim, daß diese Gesetze auch durchgesetzt werden müssen, aber auch offensichtlich, daß Kontrolle nicht die ultimative Lösung zur Sicherung unserer sozialen Wertvorstellungen sein kann, denn sobald diese zu stark in die persönliche Freiheit eingreift, tötet sie jegliche Dynamik, die lebensnotwendig für das Individuum und sein System ist, um den Herausforderungen der Zukunft begegnen und sich weiterentwickeln zu können. Auch ein politisches System profitiert am Ende immer von Selbstreferenzialität.
Wie die Simulation der Glühwürmchen-Kommunikation veranschaulicht, können Systeme prinzipiell sehr gut OHNE hierarchische Strukturen kommunizieren und auskommen. Niklas Luhmann, Soziologe und Autor des Buches "Die Gesellschaft der Gesellschaft", der übrigens, wie der Buchtitel verrät, bereits seinerzeit ein großer Verfechter der Kybernetik zweiter Ordnung und der Gesetze der Form George Spencer Browns war, konstatierte auf der Grundlage des theoretischen Konzepts der funktionalen Differenzierung (sprich: Organbildung für Aufgabenbereiche), dass »Theorien der Hierarchie oder der Delegation oder der Dezentralisierung, die immer noch von einer Spitze oder einem Zentrum ausgehen, die heutigen Sachverhalte nicht adäquat erfassen können«.
Der Sozialstaat ist aktuell das einzige Mittel, die freie Marktwirtschaft zu einer sozialen zu machen. Aber wird es auch, wo wir bereits im Modell erahnen können, daß sich Gier auf Dauer nicht mehr auszahlt, je eine humane Marktwirtschaft geben ?
Anscheinend will keiner damit anfangen. Das Feiglingsspiel hat drei Nash-Gleichgewichte. Zwei in reinen Strategien (ausweichen/weiterfahren und weiterfahren/ausweichen) und eines in gemischten Strategien (beide Spieler weichen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/2 aus)
B weicht aus | B fährt weiter | |
---|---|---|
A weicht aus | 4/4 | 2/6 |
A fährt weiter | 6/2 | 0/0 |
Fairness
Fairness wird umso fairer, je globaler sie agieren kann. Das Ultimatumspiel hat folgende einfache Regeln :
- Ein von zwei Spielern zufällig ausgewählter Spieler muss einen Vorschlag machen, wie ein Geldbetrag aufgeteilt werden soll
- Wenn der andere Mitspieler zustimmt, endet das Spiel, indem beide das Geld erhalten
- Wenn der andere ablehnt, endet das Spiel mit leeren Taschen für beide
Der Homo oeconomicus als theoretisches Modell einer Person, die mit ihrem Handeln den möglichst größten Nutzen für sich erreicht, würde, um den Gewinn zu maximieren, jedes noch so geringe Angebot annehmen, und im Gegenzug immer das Minimalgebot bieten.
Das Spiel ist real an vielen Orten gespielt worden. In lokalen Gemeinschaften gibt es zwar große, kulturell bedingte Abweichungen in beide Richtungen, aber so unfair, wie der Homo oeconomicus spielte real niemand. Am fairsten spielen Gruppen aus modernen Großstädten wie Chicago oder Los Angeles. Es kann angenommen werden, daß komplexe marktwirtschaftliche Gesellschaften nicht ohne einen hohen Grad von Kooperation mit Fremden möglich sind. Die Globalisierung bietet somit das Potential dazu, daß sich irgendwann auch globale Fairness durchsetzen kann.
Die Simulationsergebnisse ähneln aber nur dann diesen Beobachtungen, wenn die Vertrauens-Erfahrung (Reputation) der Individuen mit simuliert wurde, sodaß geschlossen werden kann, dass sich Fairness und Bestrafung in einem evolutionären Kontext herausbildeten, in dem Interaktionen ohne Vertrauenserfahrungen nicht fitnessrelevant waren.
Zusammenhalt
Thomas Schelling's Modell der Segregation simuliert die soziale Absonderung in einer Gesellschaft, die u. a. auf Ethnozentrismus zurückzuführen ist. Die treffen Agenten aufgrund von unterschiedlichen Präferenzen eine Wahl, in welchen Stadtteil sie umziehen. Zu der räumlichen Umwelt kommt hier die soziale Umwelt. Das Verhalten der Agenten hängt vom Verhalten und den Präferenzen anderer Agenten ab. In der Online-Simulation von Frank McCown werden zwei Gruppen von Agenten (rot und blau) dargestellt. Die weißen Felder sind frei, um Bewegung zu erlauben.
Thomas Schellings Arbeit zeigt, dass bereits Menschen mit einer "milden" Präferenz gegenüber ihrer eigenen Gruppe dennoch de facto zu einer stark segregierten Gesellschaft führen können, indem sie sich absondern.
Die fehlende Toleranz ist dabei auf fehlende Kompromissfähigkeit zurückzuführen. Im Spiel "Kampf der Geschlechter" besteht das Problem, dass es überhaupt keine dominanten Strategien gibt. Mann und Frau wollen zusammen ausgehen, er will ins Fußball-Station, sie ins klassische Konzert.
Fußball | Konzert | |
---|---|---|
Fußball | 3 / 1 | 0 / 0 |
Konzert | 0/ 0 | 1/ 3 |
Die Lösung ist eine gemischte Strategie, bei der beide in 25 % aller Fälle den Lieblingsort ihres Partners aufsuchen sollten.
Sinn als Perspektive
Paul Watzlawick, der mit Heinz von Foerster eng befreundet war, leistete als Mitglied der Palo-Alto-Gruppe mit seinen Erkenntnissen über Kommunikation einige bedeutende Beiträge zum radikalen Konstruktivismus. Die sogenannten "nicht-kontingenten Belohnungsexpetimente (noncontingent reward experiments)" geben uns entscheidende Hinweise zum Sinnfindungs-Mechanismus lebender Systeme.
Die Experimente beschreibt Paul Watzlawick zusammengefasst folgendermaßen :
- Die teilnehmenden Versuchspersonen sollen die konsistente Ordnung hinter Zahlenpaaren, die der Versuchsleiter nennt, erkennen und sagen, ob genannte Paare zusammenpassen, oder nicht
- Der Versuchsleiter nennt fortlaufend Zahlenpaare, gibt aber die Rückmeldung zur Antwort der Versuchsperson ("falsch" oder "richtig") ohne ihr Wissen ZUFÄLLIG : anfangs „falsch“, dann immer häufiger „richtig“
- Bei der richtigen Mischung entsehen im Versuchsverlauf im Kopf der Versuchsperson die komplexesten Theorien über die vermutliche Ordnung der Zusammengehörigkeit der Zahlenpaare
- Die Versuchspersonen haben nach der Auflösung des Experiments den Versuchsleiter oftmals noch versucht, von einer „bisher unerkannten“ Ordnung zu überzeugen, trotz seiner Versicherung, daß keinerlei Zusammenhang zwischen den Zahlenpaaren und den von ihm mitgeteilen Ergebnissen bestand
- „Sinn“ ist ein Mechanismus zur Reduktion von Komplexität
- Ordnung liegt im Auge des Betrachters
Heinz von Foerster macht in ähnlicher Weise auf diese Umstände aufmerksam. Er fordert den Leser auf, die wirklich existierende Ordnung der folgenden Zahlenreihe herauszufinden :
8, 3, 1, 5, 9, 0, 6, 7, 4, 2
Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen, läßt er den Leser dann wissen, daß die Ordnung der Zahlenreihe eine alphabetische ist und demonstriert damit auf einfache Weise, wie sehr unsere Wahrnehmung der Welt durch unsere bisherigen Erfahrungen und eigenen Erwartungen beeinflusst werden.
Dies bildet die Grundlage des Reflektierens unseres Bildes der gemeinsamen Wirklichkeit :
Neuronale Netze
Warren McCulloch und Walter Pitts sind, so kann man sagen, die Urväter des künstlichen Neurons. Beide waren Teilnehmer einer langjährigen Konferenzreihe von Kybernetikern, die zunächst unter dem unscheinbaren Namen "Circular Causal and Feedback Mechanisms in Biological and Social Systems" (Zirkulär-kausale und Rückkoppelungs-Mechanismen in biologischen und sozialen Systemen) stattfanden, und schließlich, dank Heinz von Foerster, in "Cybernetics" umbenannt wurden, was Norbert Wiener, den Autor des gleichnamigen Buchs wohl zu Tränen gerührt haben mußte. Heute kennen wir diese Reihe von Treffen auch unter dem namen "Macy Konferenzen", weil sie von der Josiah Macy, Jr. Foundation ausgerichtet wurden.
Bereits ein einfacher Speicherbaustein (Flipflop) kommt nicht ohne Rückkopplung aus.
Vor allem Warren McCulloch hat die Funktionsweise natürlicher Nervenzellen (Neuronen) genaustens untersucht.
Ein Neuron empfängt seine Eingangssignale an seinen Dendriten und leitet sie zum Zellkörper weiter, wo sie quasi summiert werden. Das Axon hat die besondere Eigenschaft, nur dann ein Signal an die Axonterminale weiterzuleiten, wenn die Summe der Eingangssignale einen bestimmten Schwellwert überschreitet. Dies kann man mathematisch folgendermaßen modellieren :
Während das Neuron intern elektrisch kommuniziert, wird das Ausgangssignal von den Axonterminalen zu den angrenzenden Dendriten der Nachbarneuronen biochemisch übertragen. Dieser Übergang, den man als "Synapse" bezeichnet, funktioniert wie eine Art Gewichtung.
Kurz nachdem Donald Hebb seine Lernregel aufstellte, konnte Frank Rosenblatt das "Perzeptron", ein künstliches neuronales Netz (KNN) entwerfen.
Das folgende kleine Python-Programm implementiert ein Perzeptron mit einem einzigen Neuron mit zwei Eingängen, welches beispielhaft auf die ODER-Funktion trainiert wird. Anschließend werden die gelernten Inhalte abgerufen. Während der Interationen in der Lernphase kalibrieren sich die initial zufälligen Gewichte durch die Hebb'sche Lernregel zunehmend und konvergieren zu Fixpunkten. Die Lernregel koppelt dabei den gemessenen Fehler auf die Gewichte zurück.
#!/usr/bin/python3
from numpy import array, random, dot
from random import choice
from pylab import ylim, plot
from matplotlib import pyplot as plt
# Aktivierungsfunktion des Axons
def step_function(x): return 0 if x < 0 else 1
# Trainingsdaten
bias = 1
weights = random.rand(3) # Gewichtsvektor für zwei Eingänge + ein Bias-Eingang
error = []
learning_rate = 0.2
n = 100
training_dataset = [
(array([0, 0, bias]), 0),
(array([0, 1, bias]), 1),
(array([1, 0, bias]), 1),
(array([1, 1, bias]), 1)]
# Training
for j in range(n):
x, expected = choice(training_dataset) # Zufälligen Datensatz wählen
result = dot(weights, x) # Skalarprodukt bilden
err = expected - step_function(result) # Fehler berechnen
error.append(err)
weights += learning_rate * err * x # Gewichte anpassen
# Abrufen der gelernten Inhalte
for x, _ in training_dataset:
result = dot(x, weights)
print("{}: {:10.7f} -> {}".format(x[:2], result, step_function(result)))
# Plot der Fehler
ylim([-1, 1])
plot(error)
plt.show()
Eine Ausgabe des gelernten Inhalts nach dem Training sieht beispielsweise so aus :
[0 0]: -0.0919986 -> 0
[0 1]: 0.3565106 -> 1
[1 0]: 0.2730232 -> 1
[1 1]: 0.7215324 -> 1
Bemerkenswert ist, daß die Gewichte künstlicher neuronaler Netze jedes Mal anders aussehen werden, wenn man sie erneut lernen läßt. Im Prinzip macht das Neuron hier nichts weiter, als eine lineare Separierung :
Der erste "KI-Winter (1970)", in dem die Entwicklung eine zeitlang stagnierte, war der Tatsache geschuldet, daß man feststellte, daß die lineare Separierung eines einzelnen Neurons für die elementare XOR-Verknüpfung nicht funktionieren konnte. Erst durch die Kaskadierung mehrerer künstlicher Neuronenschichten konnte dieses Problem erfolgreich gelöst werden.
Anm.: Hermann Haken's synergetischer Computer war übrigens in der Lage, auch Kippbilder zu interpretieren und die Gewichte waren nicht "irgendwelche" Fixpunkte, sondern exakte Lösungen von Differenzialgleichungen.
Unser gesamter Erkenntnisapparat ist ein neuronales Netz ! Wir können unser eigenes „Ich“ als Eigenwert (die Menge aller Fixpunkte) des kognitiven Systems als Ergebnis von iterierten Rekursionsprozessen auffassen.
Das bewußte "Ich" umfasst aber keineswegs unser gesamtes Gehirn. Wer also denkt, er wäre alleine in seinem Kopf, der befindet sich im Irrtum.
- Etwa 86 Milliarden Nervenzellen
(Davon sterben täglich 10.000 – 100.000) - Etwa 10¹³ analoge Rechenoperationen pro Sekunde
- Etwa 100 Billionen Synapsen
- Das „Ich“-Bewußtsein umfaßt nur ca. 0,1 % der gesamten Hirnfunktionen
Sigmund Freud betitelte diese Erkenntnis nach denen von Kopernikus und Darwin seinerzeit als die "dritte Kränkung der Menschheit".
Quelle : nichtlustig.de
Kognitive Homöostase
Das Postulat der kognitiven Homöostase formuliert : "Das Nervensystem ist so organisiert (bzw. organisiert sich selbst so), daß es eine stabile Realität errechnet."
Die Selbst-Organisation erreicht unser Nervensystem, so beschreibt Heinz von Foerster in seiner vielfach veröffentlichten Arbeit "Über das Konstruieren von Wirklichkeiten", durch eine doppelte Schließung, durch welche die Nervenbündel zum Einen synaptisch, zum Andern endokrin, also hormonell rückgekoppelt sind.
SS : Sensorische Oberfläche des Organismus
MS : Motorische Oberfläche
NP : Hirnanhangdrüse (Hypophyse)
N : Neuronenbündel, die mit Neuronen anderer Bündel über die (synaptischen) Spalten, die durch die Zwischenräume zwischen den Quadraten angezeigt sein sollen, Synapsen bilden
-
Die Nervenimpulse, die horizontal, von links nach rechts) laufen, wirken auf die motorische Oberfläche, deren Veränderungen (Bewegungen) unmittelbar wiederum von der sensorischen Oberfläche wahrgenommen werden.
-
Die vertikal laufenden Impulse, von oben nach unten stimulieren die Hirnanhangdrüse, deren Aktivität Steroide in die synaptischen Spalte entläßt. Sie modifizieren dadurch den modus operandi aller synaptischen Verbindungen, und folglich den modus operandi des gesamten Systems.
Man kann sich dieses System auch als Torus vorstellen, wenn man gedanklich die linke mit der rechten und die obere mit der unteren Seite verbindet.Das Nervensystem verarbeitet also nicht nur das, was es "sieht", sondern auch die Tätigkeit seiner eigenen Organe.
Kybernetik zweiter Ordnung
Die Kybernetik zweiter Ordnung (Kybernetik der Kybernetik) geht auf Heinz von Foerster zurück. Sie leitet eine Theorie aus der Erzeugung subjektiver Realitäten im Nervensystem ab. Der Begriff einer objektiven Realität wird vollständig eliminiert und stattdessen der Eigenwert (die Menge aller Fixpunkte) des kognitiven Systems als Ergebnis von iterativen Rekursionsprozessen beschrieben. Das Wissen der Kybernetik zweiter Ordnung ist inform des radikalen Konstruktivismuses in die Erkenntnistheorie eingeflossen.
Selbstreferenz ist quasi das eindeutige Erkennungszeichen der Kybernetik zweiter Ordnung :
- Selbst-Organisation
(Organisation der Organisation) - Selbst-Erklärung
(Erklärung der Erklärung) - Selbst-Beobachtung
(Beobachtung der Beobachtung) - Selbst-Bewußtsein
(Bewußtsein über Bewußtsein) - usw.
Wir können die tiefere Bedeutung der Kybernetik zweiter Ordnung durch ein sehr einfaches, kleines Experiment selbst erleben :
Die Erkenntnis dabei ist :
|
Erst wenn wir unseren eigenen Beobachtungsvorgang selbst beobachten (Beobachtung der Beobachtung), sind wie in der Lage, unseren blinden Fleck in der Wahrnehmung zu erkennen !
Dem physischen Phänomen, das wir hier durch das Experiment hautnah erleben können, liegt der blinde Fleck in unserem Auge zugrunde, an dem sich der Sehnerv zum Gehirn bündelt.
Die weitere Erkenntnis ist aber, wie wir leicht schlußfolgern können, nicht auf die physische Sicht beschränkt, sondern betrifft unsere gesamte Erkenntnis !
Dies hat weitreichende Konsequenzen :
- Es gibt keine objektive Wahrnehmung
aufgrund ihrer Beschränkung auf (Spezies-)spezifische Sinnesorgane und spezifische Messmethoden - Es gibt keine objektive Beobachtung,
weil jeder Beobachtung ein Blickwinkel oder eine Perspektive innewohnt - Es gibt keine objektive Beschreibung,
denn jede Beschreibung zeichnet auch ein Bild desjenigen, der sie angefertigt hat - Es gibt keine objektive Erkenntnis,
weil wir alle neuen Wahrnehmungen durch unsere bereits gemachte Gesamterfahrung und unsere Erwartungen selektieren und filtern - Es gibt keine objektive Selbsterkenntnis,
weil das klassische objektive Begriffsvermögen für die Erfassung des fließenden Denkprozesses ungeeignet ist und dabei an der Selbstreflektion scheitert.
Der Beobachter zweiter Ordnung
Beim konstruktivistisch denkenden Menschen manifestiert sich der Unterschied seines eigenen Wesens nicht nur sowohl zwischen ihm und der Umwelt, sondern auch zwischen ihm selbst als Akteur A
und ihm selbst als Beobachter B
, wobei er sich als Beobachter B
im Sinne der Kybernetik 2. Ordnung wiederum beobachten kann.
B 👁> B 👁> ... 👁> B 👁> A
Da es immer stets nur diese beiden Beziehungen B 👁> B
(2. Ordnung) und B 👁> A
(1. Ordnung) gibt, kann auch keine Kybernetik von 3. oder höherer Ordnung existieren, es sei denn, man würde die 3. Ordnung, wie Gregory Bateson in seinen Lernstufen andeutete, durch Verbindung von Ontogenese (persönliche Entwicklung) und Phylogenese (Entwicklung der Art) dem phylogenetischen Instutionalisieren von Bewußtseins-Inhalten zuschreiben wollen.
Nikolaus von Kues wollte die Sehkraft des Beobachters 2. Ordnung mit seinen Glaubensbrüdern zu Garantien bringen, sie miteinander verschränken, indem sie dabei ein Bild ansahen und über ihr Sehen (NICHT aber über das Bild selbst) sprachen.
Aufgrund seiner Vergänglichkeit ist das Sehen immer schmerzhaft. Sicht hat, wenn nicht mehr gesehen werden muss. Selbst die Sicht kann ein Mensch nur sehen. Die Sicht hingegen hat das Sehen.
Scheitern als Erfolgsrezept
Die objektive Welt ist für uns Menschen ausschließlich durch konstruktives Scheitern erfahrbar : Wir haben Wettergötter einst beschworen, um die Ernten zu verbessern - und sind gescheitert. Wir haben Hexen verbrannt, um das Böse zu vertreiben - und sind gescheitert. Wir haben Charaktereigenschaften und zukünftige Ereignisse Sternenbildern zugeordnet, die aus irdischer Sicht "direkt nebeneinander" liegen - und scheitern noch heute damit. Man kann versuchen, die Hand durch einen Tisch hindurch zu bewegen - aber man wird scheitern.
Weil dieses Scheitern aber nicht von jedem als positiv empfunden wird oder von unmittelbarem Vorteil erscheint, führt es bei manchen zu der Strategie, diesen Prozess generell zu verleugnen, zu vermeiden oder zu verhindern und es beginnt ein langer Kampf gegen den Rest der Welt. Sich aber dem lebenslangen Lernprozess und dem Ziehen von Konsequenzen aus neuen Erfahrungen zu entziehen, führt früher oder später nur zu einer massiven Steigerung von Schmerz und Leid, und dies - wie wir aus der Geschichte wissen - leider nicht immer nur für denjenigen Selbst.
»Wer denkt, etwas zu sein,
hat aufgehört, zu werden.« |
Der Backtracking-Algorithmus löst sehr viele Probleme, so beispielsweise ein Sudoku-Puzzle nur dadurch, daß er sein Scheitern von Anfang an mit einkalkuliert :
import numpy as np
#Converted to numpy array
sudoku = np.array([[0, 0, 2, 0, 1, 5, 0, 7, 8],
[1, 8, 0, 0, 6, 3, 4, 0, 0],
[0, 0, 4, 0, 2, 0, 5, 6, 1],
[0, 9, 6, 0, 0, 7, 0, 3, 0],
[0, 1, 0, 3, 0, 6, 0, 0, 5],
[0, 0, 3, 2, 0, 4, 0, 9, 6],
[0, 3, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0],
[6, 4, 9, 8, 3, 0, 2, 0, 7],
[0, 0, 7, 0, 0, 0, 0, 1, 0]
])
def possible(sudoku,rov, col, val):
if sudoku[rov][col] != 0:
return False # Bereits besetzt
if val in sudoku[rov]:
return False # Wert bereits in Reihe
for a in range(9):
if sudoku[a][col] == val:
return False # Wert bereits in Spalte
sqrov = int(int(rov) / 3) * 3
sqcol = int(int(col) / 3) * 3
for r in range(sqrov, sqrov + 3):
for c in range(sqcol, sqcol + 3):
if sudoku[r][c] == val:
return False # Wert bereits in Quadrat
return True # Value possible
def solve_Sudoku(sudoku):
for rov in range(0, 9):
for col in range(0, 9):
if sudoku[rov][col] == 0:
for val in range(1, 10):
if possible(sudoku,rov, col, val):
sudoku[rov][col] = val
if solve_Sudoku(sudoku):
return True
sudoku[rov][col] = 0 # Backtrack
return False # Sackgasse, Lösungsweg abbrechen
return True
solve_Sudoku(sudoku)
print(sudoku)
Ausgabe des gelösten Sudokus :
[[9 6 2 4 1 5 3 7 8]
[1 8 5 7 6 3 4 2 9]
[3 7 4 9 2 8 5 6 1]
[4 9 6 1 5 7 8 3 2]
[2 1 8 3 9 6 7 4 5]
[7 5 3 2 8 4 1 9 6]
[5 3 1 6 7 2 9 8 4]
[6 4 9 8 3 1 2 5 7]
[8 2 7 5 4 9 6 1 3]]
»Anhaltender Fortschritt beinhaltet den zeitweiligen Ausbruch aus den Sackgassen der Überspezialisierung und der Versklavung durch Denkgewohnheiten.« |
Obwohl man stets respektieren sollte, daß diese Eigenwerte oder Sammlung von Fixpunkten im Kopf eines Menschen wohl die für ihn beste ermittelte Lösung zum Durchschreiten seines persönlichen, bisherigen Lebenswegs repräsentiert, steht außer Frage, daß es nicht die einzige und womöglich sogar nicht die beste Lösung ist. Die Karte ist nicht das Gebiet. Andere finden andere, manchmal bessere Lösungen. Auch muss konservatives Erhalten von Werten stets in Balance sein mit progressiver Anpassung an die Umwelt.
Lernen lernen
Gregory Bateson, der Urvater der Kybernetik, stellte sich vier essenzielle Stufen des Lernens vor, mit denen er bestimmte Fähigkeiten verband :
Lernstufe | Beschreibung |
---|---|
Lernen 0 | Reaktion (Behaviourismus) |
Lernen 1 | Veränderliche Reaktion |
Lernen 2 | Durch Training optimiertes Lernen 1 und Übertragung von Erfahrung in neue Kontexte (Kognitivismus) |
Lernen 3 | Änderung von Lernen 2-Mustern (Konstruktivismus) |
Lernen 4 | Durch Verbindung von Ontogenese (persönlich) und Phylogenese (Art); phylogenetisches Instutionalisieren von Inhalten aus Lernen 3 : z. B. die Erschaffung der Schrift |
Übergang zur transklassischen Logik
Die traditionelle aristotelische Logik
Der Überlieferung zufolge sollen am Eingang des Tempels von Delphi die Inschriften :
- „Nichts im Übermaß“
(μηδὲν ἄγαν, medèn ágan) - und „Erkenne dich selbst“
(gnôthi seautón, γνῶθι σεαυτόν)
angebracht gewesen sein. Die letztere inspirierte Aristoteles womöglich zu seinen unvergessen gewordenen logischen Sätzen :
Aristotelische Urmotive des Denkens
|
Satz | Lehre | Aussage |
---|---|---|
Satz der Identität | Begriffslehre | Aussage: Sein = Identität mit sich selbst |
Satz vom verbotenen Widerspruch | Urteilstheorie | Sein muss denkbar sein |
Satz vom ausgeschlossenen Dritten (Tertium non datur) | Schlusslehre ( Syllogistik) | Der Inbegriff aller positiven Eigenschaften des Bewußtseins ist restlos durch den aller Negativen vertretbar |
Satz vom unzureichenden Grunde | Methodenlehre | Begründung dafür, Begriffsbestimmungen überhaupt für wahr oder falsch zu halten |
Durch all die Bemühungen, die resultierenden Konsequenzen aus der ableitbaren Dichotomie zwischen Subjekt und Objekt zu Ende zu denken, sind in aller Welt zwei Ströme von Weltanschauungen in den Philosophien und Religionen entstanden :
- der hauptsächlich im Abendland vertretene Materialismus, der davon ausgeht, alle Quelle des Irrtums liege im Subjekt, und Wahrheit gründet sich allein im Objektiven
- der Idealismus ist dagegen davon überzeugt, das absolute Subjekt (manche nennen das "Gott") sei die Wahrheit und aller Objektivitätscharakter des materiellen Seins ist nur Illusion, ein Abfall von der Gnade und eine Abkehr vom reinen Licht
Coincidentia oppositorum
Die "Coincidentia oppositorum" postuliert, daß diese Gegensätze im Unendlichen zusammenfallen.
Die Form eines jeden Negativs kann ebenso durch sein Positiv dargestellt werden, und umgekehrt. Dieser bereits seit dem Mittelalter bekannte Isomorphismus der klassischen aristotelischen Logik, dank dem die De Morgan'schen Gesetze überhaupt gültig sein können, definiert sich wiefolgt :
- Jeder Aussage wird ihre Gegenaussage zugeordnet
- Die Grundbeziehung "Negation" wird sich selbst zugeordnet
- Die Grundbeziehung "Konjunktion" wird der Grundbeziehung "Disjunktion" zugeordnet
1,2
↙︎ ↘︎
1 2
1 2 2 1
1 2 1 2 2 1 2 1
. . .
Jede Aussage ist zwar von ihrer Negation verschieden, aber es besteht kein wesenlicher Unterschied zwischen positiven und negativen Aussagen (sogar schärfer, zwischen einer Aussage und ihrer Negation). Die Wertbesetzungen sind für die logische Form selbst völlig unerheblich.
(Anm.: Der Eingang dieses Wissens ins hellenistische Weltbild spiegelt sich bis zuletzt im 4. hermetischen Gesetz)
Die Natur macht sich diese Tatsache z. B. bei der Polymerase von DNS zunutze.
Die Bedeutung der Logik für die Wissenschaft
Die Logik ist im Prinzip die Justitia unserer Wissenschaftstheorie. Ohne sie würden wir heute womöglich immernoch Hexen verbrennen. Es war Imanuel Kant, der die zwei großen Strömungen Rationalismus und Empirismus vereint hat. Während die Rationalisten seinerzeit glaubten, alle Wahrheit sei unabhängig von jeglichen Gegenständen, vertraten die Empiristen die Position, sie sei ausschließlich durch Beobachtung erschließbar.
»Gedanken ohne Inhalt sind leer, |
Das ultimative Werkzeug, welches die Logik bietet, ist der Beweis. Vereinfacht dargestellt, werden in der Empirie Beobachtungen gemacht und Daten erhoben, aus denen dann per Induktion allgemeine Sätze (Theorie) gewonnen werden können. Aus den Theorien wiederum können per Deduktion Aussagen über neue Beobachtungen gewonnen werden.
- Die Induktion versucht, eine allgemeine Regel über einzelne Fakten zu finden
- Die Deduktion versucht, Beobachtungen mit bestehenden Regeln zu erklären
Neben Heinz von Foerster, der durch seine Forschungsarbeit "Das Gedächtnis : Eine quantenphysikalische Untersuchung" über die Vergessenskurve quasi zum Mitglied der Macy-Konferenzen wurde, hat auch Jean Piaget das Lernen untersucht, und folgende Begriffe geprägt :
-
Assimilation : Zuordnen einer Wahrnehmung zu einem vorhandenen Wahrnehmungsschema, das bereits für ähnliche Wahrnehmungen verwendet wird
-
Akkomodation : Anpassung der inneren Welt durch Schaffen eines neuen Wahrnehmungsschemas, wenn eine bestimmte Wahrnehmung nicht mehr in die bestehenden Schemata eingeordnet werden kann
Wissenschaftliches Scheitern ist dabei ein wichtiger, fester und nicht wegzudenkender Bestandteil des Erkenntnisgewinns !
»Die wirkliche Wirklichkeit offenbart sich nur dort, wo unsere Konstruktionen scheitern. Da wir das Scheitern aber immer nur mit den Begriffen beschreiben können, die wir zum Bau der gescheiterten Strukturen verwendet haben, kann es uns niemals ein Bild der Wirklichkeit vermitteln.« |
Was machen wir aber, wenn das ultimative Wekzeug SELBST, die Logik sich als unzureichend erweist ?
Das Scheitern der aristotelischen Logik
Über die Rache der Digitalisierung inform von Polarisierungen können die Physiker aber nur müde lachen. Sie haben es beispielsweise mit der Tatsache zu tun, dass Licht mal als Welle und mal als Teilchen zu verstehen ist. Das allgemein bekannte Doppelspalt-Experiment veranschaulicht diese Unschärferelation :
Um das Interferenzmuster zu erzeugen, müssen die Teilchen durch beide Spalte gleichzeitig gehen, was bedeutet, dass ihre Position nicht genau festgelegt ist. Gleichzeitig erzeugen sie jedoch auf dem Schirm ein Interferenzmuster, das eine gewisse Präzision erfordert. Dies zeigt, dass Ort und Impuls der Teilchen nicht gleichzeitig genau bestimmt werden können, da sie sowohl wellen- als auch teilchenähnliche Eigenschaften besitzen.
Das Doppelspalt-Experiment illustriert somit die Heisenberg'sche Unschärferelation.
Schrödinger's Katze ist ein darauf aufgebautes Gedankenexperiment von Erwin Schrödinger, bei dem die Tatsache, ob eine Katze in einer Box lebendig oder tot ist, erst wahr wird, wenn die Box geöffnet, und die Entscheidung darüber scharf wird.
Die Geschichte der Physik und ihrer Theorien zeigt also, daß sie offenbar stark unter "Objektivität" leiden mußte und am Ende hat die Heisenberg'sche Unschärferelation das mechanizistische Weltbild und dessen Laplaceschen Daemon endgültig über den Haufen geworfen.
Dies ist eine sogenannte Klein'sche Flasche. Abgesehen davon, daß sie mit ihrem wirklich seltsamen Aussehen zunächst einmal wie eine Fehlkonstruktion anmutet, hat sie jedoch bei genauerem Hinsehen wirklich erstaunliche Eigenschaften. |
Aber nicht nur die Mathematiker, die sich auch für Topologien interessieren, erfreuen sich daran. Auch Philosophen, Logiker, und Informatiker könnten ihr jede Menge Inspiration abgewinnen. Denn im Prinzip kann man sich eine Menge, die sich selbst enthält, aus der Perspektive der klassischen Logik wie eine Klein'sche Flasche in der 3. Dimension vorstellen, in der sie sich (noch) zu durchdringen scheint.
Die klassische Logik von Aristoteles hat nämlich schon immer ein Defizit, wenn es um Selbstbezüglichkeit (z. B. "Dieser Satz ist falsch") oder Autologie ("Dieser Satz zaehlt fuenfundvierzig Buchstaben") geht. Sobald wir uns die Welt aber nur ein bißchen genauer ansehen, erkennen wir unmittelbar : Sie ist voller zirkulärer, kybernetischer Rückkopplungen !
Nicht nur das Verständnis von Selbstbewußtsein kommt nicht ohne sie aus.
Die klassische Logik, so erinnern wir uns, kennt nur zwei Zustände, ein Drittes, so postuliert Aristoteles selbst, ist ausgeschlossen (tertium non datur). Sie ging also davon aus, daß man Mengen generell streng dichotomisch trennen kann :
- in Mengen, die ausschließlich irreflexive Elemente ohne Selbstbezug enthalten
- und in Mengen ausschließlich mit selbstbezüglichen (reflexiven) Elementen (wie z. B. das Selbstbewußtsein)
Diese Einteilung muß nun natürlich auch für die beiden Mengen selbst gültig anwendbar sein ! Versuchen wir dies also zuerst mit den Mengen reflexiver Elemente.
Kann die Menge aller reflexiven Elemente Teil ihrer selbst sein ?
Natürlich kann sie das. Zweifellos ist die Menge aller reflexiven Mengen selbst auch reflexiv und gehört somit nicht zu den irreflexiven Mengen.
Wie aber steht es um die Menge aller Mengen, die sich NICHT selbst enthalten ?
Wer rasiert den Barbier, der alle im Dorf rasieren soll, die sich nicht selbst rasieren ? |
Wir erinnern uns, daß die Klein'sche Flasche sich in Dimensionen >3 nicht mehr selbst durchdringen muss. Analog dazu muss sich auch die Menge aller irreflexiven Mengen in einer höherdimensionalen Logik nicht mehr widerprechen.
Rettungsversuche der klassischen Logik
Mehrwertige Logiken
In der Vergangenheit gab es bereits viele Lösungs-Ansätze durch mehrwertiger Logiken :
- mit der dreiwertigen Logik Ł₃ von Jan Łukasiewicz
- mit den Gödel-Logiken Gₖ, (ausgerechnet) von Kurt Gödel, der später mit seinem Unvollständigkeitssatz das Hilbertprogramm und damit die Typentheorie, welche Paradoxien ganz einfach verbieten wollte, am Ende sprengte
- aber auch mit der Fuzzylogik mit ihren unendlich vielen Zwischenwerten
Gesetze der Form
Der völlig isolierte Gegenstand hat prinzipiell keine Prädikate (Eigenschaften) mehr. Identität ist nur durch differierende Prädikate feststellbar (reflektierbar). Aus dieser Überlegung folgt, daß die Unterscheidung die entscheidende Rolle spielt. Das in seinen Gesetzen der Form ( Laws of form, LoF ) entwickelte Indikationskalkül ("CI", Calculus of Indications) veröffentlichte George Spencer Brown bereits im Jahr 1969. Analog zu der Kosmogonie des gnostischen Sophia-Mythos, in dem Sophia's erste eigene, schöpferische Handlung das Erschaffen eines "Vorhangs vor der Lichtwelt" ist, wählt George Spencer Brown die Unterscheidung (Akkomodation) als primäre Operation seiner Logik und verschmilzt sie semiotisch mit Identität, d. h. mit dem Wert des Operanden (dem Unterschiedenen) in einem einzigen Zeichen, um dadurch Zirkularitäten logisch begegnen zu können. Niklas Luhmann, der seine Idee soziologisch aufgriff, beschrieb darauf basierend den neuen Weltbegriff so :»Die Welt bleibt das ausgeschlossene Dritte aller Unterscheidungen.«
|
»Make a distinction!« (George Spencer Brown) |
Das „Kreuz“-Symbol steht SOWOHL für „Unterschied“ und unterscheidet alles, was unter ihm steht von dem, was rechts neben ihm steht, ALS AUCH für "Unterschiedenes". Die Arithmetik der LoF besteht aus zwei Axiomen :
- Nennen : Wiederholtes "Nennen" ist "Nennen"
- Kreuzen : Unterscheidung hebt Unterscheidung auf
(Anm.: Rudolf Kaehr hat übrigens einmal in seiner Arbeit "Komplementarität in der Graphematik" vergleichsweise eine Logik mit der Vertauschung der beiden Axiome gegenübergestellt)
Das "Kürzen" eines Ausdrucks sieht z. B. so aus :
Die LoF machen es möglich, unendliche algebraische Ausdrücke durch Selbstbezüglichkeit als endliche Gleichungen darzustellen. Für solche "Gleichungen 2. Grades" gibt es zwei mögliche rekursive Funktionen :
-
Die Gedächtnisfunktion, die sowohl für das Kreuz, als auch für den leeren Raum { } erfüllt ist
-
Die Oszillationsfunktion, deren Lösung kein feststehender Ausdruck ist, sondern sich infinit verlängert
Francisco Varela zeigte jedoch 1975 durch einen einfachen Gedankengang, daß die LoF bezüglich der Gleichungen 2. Grades ("re-entry") widerspruchsvoll sind. Er erhebt diesen Widerspruch zu einer eigenen, autonomen Form, symbolisch als "Schlange, die sich in ihren eigenen Schwanz beißt" (Ouroboros) :
Der neue Kalkül ist jedoch schwächer als die ursprünglichen Kalküle der LoF; einige Theoreme der Algebra funktionieren damit nicht mehr.
Eine neue Logik
Diese bisherigen Lösungsversuche mehrwertiger Logiken und -kalküle sind, was zirkuläre Beziehungen angeht, allesamt zu kurzsichtig, denn trotz der neuen, zusätzlichen Werte bleiben die zwei Extremwerte an jedem Ende weiterhin die Einzigen ! Die gesamte klassische Logik bleibt unverändert eindimensional und monothematisch : Ihr bisher einziges Thema ist das Sein.
Die Basislogik, sowie die Syntax und das Zeichensystem (Semiotik) all dieser Logiken bleiben dem Widerspruchstabu unterworfen. Auf dieser Basis ist das "Leben als Prozess" aus der klassisch wissenschaftslogischen Sicht formal nicht beschreibbar.
Das vorgestellte Paradoxon der Menge aller irreflexiven Mengen entsteht aus der Sicht Gotthard Günthers durch die Prädikation auf ein Prädikat selbst, unter der falschen Voraussetzung, daß ein striktes Umtauschverhältnis zwischen den betroffenen Mengen besteht. Irreflexivität ist eindeutig. Reflexion aber kann sich entweder auf Sich (doppelt) oder auf Anderes (einfach) beziehen.
Was bedeutet das ?
Irreflexivität
Der wesentliche Unterschied zwischen Subjekt und Objekt ist, daß das Subjekt sich selbst eine Umwelt zuschreiben kann. Die (positiven) Objekte der Umwelt bilden sich, wie beim fotografieren, negativ im Subjekt ab.
Während in einem Objekt also nur das Objekt selbst steckt, repräsentiert das Subjekt sowohl sich selbst, als auch die negativen Abbilder seiner objektiven Umwelt. Dieser Umstand nennt sich "Reflexionsgefälle".
|
Das Objekt impliziert nur sich selbst, das Subjekt aber impliziert sowohl sich selbst,
als auch das Objekt a ➞ b = ⌐a v b |
Das naive Bewußtsein ist dabei völlig selbstvergessen Eins mit dem Sein und verliert sich vollständig an seine Objekte. Das Sein oder das Irreflexive ist das, woran sich die nach außen gehende Reflexion staut und von dem sie auf sich selbst zurückgeworfen wird.
Dieser Denkgegenstand entspricht dem Objektbereich der aristotelischen Logik.
Einfache Reflexion
Um Bewußtsein zu haben, müssen dem Sein Begriffe und Vorstellungen für die sinnlich gemachten Wahrnehmungen der Wirklichkeit entnommen werden. Diese Entnahme von Begriffen und Vorstellungen vom Unendlichen ins Endliche ist naturgemäß immer unvollständig und hebt das Denkende Ich, welches Bewußtsein HAT, auf eine "Metaebene", über die Ebene des Bewußt-Seins, welches nur selbstvergessen IST.
Die Prädikation des Denkens auf irreflexive Attribute (Hegel nennt sie die "Reflexion-in-Anderes"), sprich, das Nachdenken über die objektiven Eindrücke der Umwelt :
"Ich - denke - Etwas",
oder auch
"Ich = Denken ( Etwas )"
ist dabei vollständig determiniert. So ist die Ebene der einfachen Reflexion der logische Ort der klassischen aristotelischen Logik.
Doppelte Reflexion
Durch das Feststellen von Unterschieden zwischen den Begriffen und der Wirklichkeit, der Differenz von Erleben und Erleb-t-em, wird die Voraussetzung für das Selbst-Bewußtsein geschaffen, welches aus der metakognitiven doppelten Reflexion entsteht. Indem wir die Verhältnisse zwischen unserem Bewußtsein und seinen Denkgegenständen erkennen, stiften wir jegliche Form von Sinn durch Abstraktionen.
Das erneute Nachdenken über bereits Gedachtes ("Reflexion-in-sich") ist ein unendlicher Prozess, an dem die aristotische Logik jedoch scheitert, da die Denkgegenstände nicht ausschließlich objektiver Natur sind, sondern sowohl uns selbst, als auch unser eigenes Denken selbst enthalten können. Unsere doppelten Reflexionen enthalten also nicht ausschließlich tote, seiende, objektive Inhalte, sondern auch subjektive, bzw. selbstbezügliche Inhalte, die thematisch nicht dem Sein zugeordnet werden können, über die wir aber immer nur als "Etwas" nachdenken :
Ichₙ₊₁ = Denken ( Ichₙ )
Und so gelingt es uns allein durch die instinktiv fortgeführte Entnahme von Begriffen nicht, uns selbst je vollständig zu begreifen. Gotthard Günther formuliert dies folgendermaßen : »Jeder feurige, subjektive Versuch, sich selbst zu begreifen, endet sofort als das schwere Midasgold, objektiver, unbeweglicher und toter Seinsbegriffe«. Sobald wir auch nur irgendeinen Gedanken materialisiert, sprich gedacht haben, haben wir dadurch auch uns selbst verändert.
»Niemand kann zweimal in den gleichen Fluß steigen« |
Gotthard Günther bezeichnet all dies, was durch die aristotelische Logik, die sich nur mit "Sein" befasst, nicht vollständig abbildbar ist, als "Reflexionsrest". Damit meint er, daß in dem Moment, wo Du denkst : "Denken und Sein sind metaphysisch (im Unendlichen) identisch", DU Selbst davon ausgeschlossen bist !
Wenn man sich Selbst je mit aristotelischer Logik vollständig objektiv reflektieren kann, ist dies ein sicheres Zeichen dafür, daß man tot ist !
Denken denken
Für die aristotelische Logik ist :
f ( f ), also Denken ( Denken )
unzulässig (nicht falsch!, sonst wäre die Negation ja richtig). Ebenso ist
Ichₙ = Denken ( Ichₙ₊₁ )
unzulässig. Das Denken auf Objektebene kann sich nicht über das Denken auf der Metaebene erheben.
Der transklassische Ausweg ist, das Denken nicht mehr als Sein, sondern als Denken zu Denken.
Das einzige Thema des klassischen Denkens ist "Sein". Das Thema des transklassischen Denkens sind "Seinsthemata", also :
»Ich denke : "Ich denke Etwas"«
Das Denkende entspricht so dem Gedachten aus einer anderen, seiner Perspektiven. Das abstrakte Begreifen des eigenen Selbstes als ewig iterierende Reflexionen tituliert Kant als „Synthetische Einheit der transzendentalen Apperzeption“. Dies ist der maximal mögliche Denkgegenstand eines einzelnen Selbstbewußtseins. Der Objektivierungszwang objektiviert sich selbst und die Reflexion enthüllt sich dadurch als abstrakteste Form von Sinn überhaupt. Diese Ebene repräsentiert den Sinn des Denkens, des Bewußtseins selbst.
»Wie hat man nur denken können, daß das Denken durch Denken auf etwas anderes stoßen würde als auf sich selbst?« |
Polykontextualität
Gotthard Günther hat sehr sorgfältig die Versuche von Kant, Hegel, Fichte und Schelling studiert, das Entzweien der Naturwissenschaften von den Geisteswissenschaften durch entsprechende Verbesserungen der dafür verantwortlichen, gescheiterten Logik wieder zu versöhnen.
»Jedes Einzelsubjekt begreift die Welt mit derselben Logik, aber es begreift sie von einer anderen Stelle im Sein.« |
Wie sieht also seine (nun nicht mehr-wertige, sondern) mehr-dimensionale Logik aus ? Er hat dazu die Polykontextuale Logik entwickelt, die es erlaubt, die einfache Reflexion von der doppelten Reflexion logisch und thematisch zu unterscheiden, und z. B. die Operation bzw. Entscheidung zwischen zwei Werten (0,1) teilweise oder komplett abzulehnen (Rejektion).
Die Polykontextuale Logik kann verschiedene logische Themen miteinander "verdrahten", bzw. vermitteln. "Polykontexturalität" entsteht durch das Aufspannen einer klassisch zweiwertigen Logik („Kontext“) für jedes Thema. Gotthard Günther spricht in dem Zusammenhang von einer „Ortswertlogik“. Jeglichem Wert haftet dabei die Information an, in welchem Kontext (Thema) er gültig ist. So erhält man also nicht mehr eine dreiwertige (Pseudo-)Logik, sondern drei volle, zweiwertige Logiken (Kontexturen) zwischen den drei Orten.
Vier Ortswerte würden zu sechs Kontexturen führen.
Fünf Ortswerte führen zu zehn Kontexturen, und bei m Ortswerten erhält man „m über 2“ Kontexturen.
Hier sind die Ortswerte als rote Punkte, und die (durch klassische, aristotelische Logiken) verknüpften Kontexte (Themen) zwischen ihnen als Kanten veranschaulicht :
Drei Kontexte sind dabei das notwendige Minimum, um zu einer vollständig möglichen Vermittlung zu gelangen.
Der Dreier-Kontext
Bereits Aristoteles unterscheidet das Ding von dessen Vorstellung (Seelenregung) und diese wiederum von dem dafür verwendeten Zeichen (Wort). Diese Ursprünge des semiotischen Dreiecks zeigen das stets vermittelte Verhältnis zwischen Wort und Ding auf. Dabei repräsentiert jedes Ende von jeder der drei Logiken ein philosophisches Extrem.
Sie und könnten ebenso die Inspiration für den triadischen Kontext zwischen Ich, Du und Es, sowie zwischen irreflexiven, reflexiven und doppelt reflexiven Aussagen gewesen sein.
In der klassischen Logik gibt es nur Objekt (Positiv) und Subjekt (Negativ) Aus Gotthard Günthers Sicht besteht aber für jeden Bewußtseinsträger die Welt aus Ich, Du (alle Anderen „Iche“) und Es (die tote Umwelt). Jedes Du ist von sich aus gesehen wiederum ein Ich. jeder Gesprächsteilnehmer sagt von sich: "Ich".
Betrachten wir zunächst, wie die drei aristotelischen Logiken im Dreier-Kontext miteinander verbunden ("vermittelt") sind. Als klassische, aristotelische Logiken haben sie weiterhin einen dualen Wertebereich, nämlich jeweils die zwei Ortswerte, welche durch sie miteinander verbunden werden. Und diese beiden Werte p und q können auch weiterhin (in 4 möglichen Kombinationen) logisch miteinander verknüpft werden. An den Stellen, wo sich die Ortswerte überlappen, sind sie miteinander "vermittelt".
Besonders hervorzuheben ist, daß zwischen der einfachen und der doppelten Reflexion eine neue, transklassische Umtauschtelation besteht.
Gotthard Günther nennt sie die "Proemialrelation". Im Prinzip verkörpert sie den Objektivierungszwang, dem wir zwar weiterhin unterworfen sind, der aber nun einen Platz in der gesamten Logik einnimmt, wo er nicht mehr verhindert, Selbstbezüglichkeiten logisch korrekt zu erfassen.
Die Proemialrelation ist dabei angelehnt an Arthur Koestlers früher Idee eines „Holons“.
Teile eines Denkgegenstandes nennt Gotthard Günther "Relatum". Ein "Relator" dagegen ist das Ganze, welches die Teile betrachtet. Jedes Ganze kann seinerseits aus Teilen bestehen und kann gleichzeitig ein Teil eines größeren Ganzen sein.
»Das Proemialverhältnis...definiert den Unterschied zwischen Relation und Einheit oder – was das gleiche ist – zwischen Unterscheidung und dem was unterschieden ist – was wiederum das gleiche ist – wie der Unterschied zwischen Subjekt und Objekt«.
Negationen im Dreier-Kontext
Für die doppelte Reflexion, bei der auch die eigenen Operationen der Logik selbst als Reflexionsgegenstand (also als Operand) infrage kommen, ist nur eine Negationsoperation alleine nicht mehr ausreichend (denn sie kann sich nicht selbst „betrachten“, weil ⌐(⌐p) = p). Daher ist es notwendig, die Negationsoperatoren der Kontexte voneinander zu unterscheiden.
Ein dritter Negationsoperator N₃ zwischen I und D ist überflüssig, denn diese Negation kann vollständig durch N₁-N₂-Kaskaden erreicht werden
Die Kaskaden von Negationen, mit denen man zum Ursprungswert p zurückkehrt, sind sogenannte "Hamiltonkreise". Auf ihnen macht man in einer mehrdimensionalen Logik quasi eine "Rundreise".
Während es für den Dreierkontext nur zwei Hamilton-Kreise (links- und rechtsdrehend) gibt :
- p ≡ N₁ N₂ N₁ N₂ N₁ N₂ p
- p ≡ N₂ N₁ N₂ N₁ N₂ N₁ p
gestaltet sich dies im Viererkontext bereits sehr viel komplexer :
In seiner Arbeit "Identität, Gegenidentität und Negativsprache" erläutert er dazu :»Die Hamiltonschen Vollkreise entsprechen zweifellos dem, was in der Kantischen Philosophie ein regulativer Begriff genannt wird. Wenigstens von der Vierwertigkeit an - da es im Triadischen den Unterschied zwischen einem Kreis, an dem nicht alle, und einem anderen, an dem alle Permutationen des Negativen beteiligt sind, noch nicht gibt.«
Verknüpfungen im Dreierkontext
In der klassischen Logik haben sich die Konjunktion (UND) und die Disjunktion (ODER) als Basis-Verknüpfungen etabliert. Wir können uns nun überlegen, wie die Tabellen für jeden einzelnen Kontext aussehen müssen, und sie dann wieder zusammenführen. Zur Erinnerung : Die Reflexionen (R von I und D von R) werden jeweils als dessen Negativ verstanden :
Die Ergebnis-Tabelle rechts entspricht nun aber nur der halben Wahrheit ! Denn stillschweigend haben wir angenommen, daß wir für alle Kontexte 1, 2, 3) dieselbe Operation verwenden müssen. Zwar muss in der PKL immer auf jedem Pfad eine Operation angewendet werden, doch diese kann sich für jeden Kontext unterscheiden !. Dies führt uns zu acht verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten :
Besonderes Augenmerk legt Gotthard Günther auf die Kombinationen UND, UND, ODER (m1), sowie ODER, ODER, UND (m2).
So kann man durch Ouroboros auf zwei Weisen reisen :
- m₁
- I→R : ≘ Beobachter 1. Ordnung
B 👁> A
- R→D : ≘ Beobachter 2. Ordnung
B 👁> B
- I→R : ≘ Beobachter 1. Ordnung
- m₂
- R→I : ≘ Beobachter 1. Ordnung
B 👁> A
- D→R : ≘ Beobachter 2. Ordnung
B 👁> B
- R→I : ≘ Beobachter 1. Ordnung
Während in der zweiwertigen Logik die beiden konjunktiven und disjunktiven Funktionen ein striktes Ober- oder Unterordnungsverhältnis der Werte zeigen, ist das Ordnungsverhältnis von Irreflexivität und Reflexion in den angegebenen dreiwertigen Funktionen zyklisch. Das Wahlprinzip hat hier also KEINEN transitiven Charakter mehr.
Verallgemeinerung
Die in den Quadraten enthaltenen Umtauschverhältnisse stellen jeweilig das formale Reflexionssystem des theoretischen Bewusstseins dar im Dreierkontext :
Für einen Viererkontext würde der Stapel so aussehen :
Gotthard Günther schreibt dazu : » Es scheint, als ob das 4-wertige System, welches drei (objektive) Realitätsschichten (oben) und drei Bewußtseinslagen (unten) umfasst, unserer gegenwärtigen wissenschaftlichen Situation am besten entspricht. «
Für einen Fünferkontext sähe der Stapel so aus :
Morphogrammatik
Die Morphogrammatik ist in ihrem abstrakten Ausdruck noch stärker als George Spencer Browns "Kreuz", weil auch dieses noch einer Wertigkeit verhaftet ist, während die Morphogrammatik logische Formen völlig wertfrei beschreiben kann.
Als ein Teil der PKL macht Gotthard Günther mit der Morphogrammatik so erfolgreich verschiedene Mängel der klassischen Logik sichtbar :
- Zum Einen zeigt sich ihre kombinatorische Unvollständigkeit,
- zum Andern zeigen sich die Nachteile ihrer erzwungenen Wertbehaftung (Weil klassisch Ort und Wert zusammenfallen)
Dazu erfindet er Symbole ("Kenogramme"), die völlig wertfreie Platzhalter in logischen Formen ("Morphogrammen") repräsentieren.
Für zwei Eingangsvariablen p und q gibt es, wie wir wissen 2² = 4 mögliche Ausgangswerte. Die Wahrheitstabelle hat also (ohne Überschrift) vier Zeilen. Für die Wertbesetzung der Ausgangswerte gibt es klassisch 2⁴ = 16 Möglichkeiten. Hinter jeder der klassischen Wertbesetzungen 1-16 steckt eine Wahrheitsfunktion :
p | q | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
F | F | W | F | W | W | W | F | F | F | W | W | W | F | F | F | W | F |
W | F | W | W | F | W | W | F | W | W | F | F | W | F | F | W | F | F |
F | W | W | W | W | F | W | W | F | W | F | W | F | F | W | F | F | F |
W | W | W | W | W | W | F | W | W | F | W | F | F | W | F | F | F | F |
- Tautologie : p oder nicht p, ist immer wahr, p ˅ ¬ p
- Disjunktion :p oder q, p ˅ q
- Implikation : Wenn p dann q, p → q
- Konversion, Replikation : Wenn q dann p, p ← q
- Sheffer-Funktion : NAND, nicht (p und q), ¬ (p ˄ q), p | q
- Postpendenz, Identität von q : q
- Präpendenz, Identität von p : p
- Kontravalenz, ausschließende Disjunktion : XOR, Exklusiv-ODER, p ˅ q
- Bijunktion, Äquivalenz : p gleich q, p ↔ q
- Pränonpendenz, Negation von p : Nicht p, ¬ p
- Pränonpendenz, Negation von q : Nicht q, ¬ q
- Konjunktion : p und q, p ˄ q
- Präsektion : nur q, nicht p und q, ¬ p ˄ q
- Postsektion : nur p, p und nicht q, p ˄ ¬ q
- Peirce-Funktion : NOR, nicht p oder nicht q, ¬ p ˅ ¬ q
- Kontradiktion : p und nicht p, ist immer falsch, p ˄ ¬ p
Diese kann man sich nun zunächst an einer imaginären horizontalen Achse gespiegelt (reflektiert an N₁) vorstellen :
Ohne die Wertbehaftung können die 16 Wahrheitsfunktionen in nur 8 Morphogrammen dargestellt werden :
Darüberhinaus ergeben sich aber, wenn man durch reine Kombinatorik die maximale Diversität in der Besetzung ausschöpfen will, für zwei Eingangsvariablen noch 7 weitere mögliche Morphogramme (9 - 15), die von den klassischen Wahrheitsfunktionen überhaupt nicht berührt werden :
Sie können als der bereits erwähnte „Reflekionsüberschuß“ oder „Reflekionsrest“ interpretiert werden. Das heißt, an der Menge der Wahrheitsfunktionen mit 2 Eingangsvariablen können theoretisch mehr als nur ein einziges Thema (Sein) teilnehmen. Gotthard Günther formuliert dazu in seiner Arbeit "Cybernetic Ontology and Transkunctional Operations" :
»Dies zeigt, daß der klassische Formalismus der Logik sein Fundament nicht tief genug gelegt hat und deshalb außerstande ist, uns mehr als ein Fragment von logischer Form vorzuführen.«
Günther's strukturelle Untersuchungen führen zu seinen sogenannten "nebengeordneten Zahlen" :
- Die Abstraktion von der Position streicht die Wiederholungen und nimmt die Wertbehaftung (das repräsentierende Symbol) weg. So sind z. B. in den Morphogrammen 2, 3, 6 und 10 immer drei gleiche und eine andere Form enthalten.
- Die Abstraktion von der Iteration fragt, welche unterschiedlichen Symbole überhaupt vorhanden sind.
Interpretation der transklassischen Morphogramme
»Durch die Einführung der Morphogramme [9] - [15] in seine Logik wird der Kybernetiker in die Lage versetzt, auf eine endliche und unzweideutige Weise über Subjektivität in sich selbst organisierenden und daher selbstreflektierenden Systemen zu sprechen. « (Gotthard Günther)
Sie können also als verschiedene Abstufungen von Interpretationsgrenzen zwischen der Reflexion-in-Anderes (objektiv, aristotelisch) und der Reflexion-in-sich (subjektiv, kontra-aristotelisch) verstanden werden.
Wenn wir uns die Wertbelegung für Morphogramm Nr. 13 anschauen, sehen wir, daß an den Stellen wo eine Wahlalternative der Eingabewerte (p,q) zur Verfügung steht, die komplette Entscheidung im objektiven Raum abgelehnt wird (Rejektion), während die restlichen Werte, bei denen keine Wahl besteht klassisch übernommen werden („Akzeption")
Alleine das letzte Morphogramm (Nr. 15) besitzt die maximale Diversität. Es besteht aus vier verschiedenen Symbolen und unterscheidet damit nochmals die möglichen Fälle der Rejektion. Diese Form kann als die Reflexion eines vollen Selbstbewußtseins verstanden werden.
Dies ist der Grund, warum zu dessen Beschreibung eine mindestens vierwertige Logik notwendig ist.
Warren S. McCulloch hat erklärt, daß, wenn jemand »auf endliche und eindeutige Weise spezifizieren kann, was ein Gehirn mit Informationen macht, wir dann ebenso eine Maschine entwerfen können, die das gleiche tut«.
Die PKL erfüllt McCullochs Forderung sicher noch nicht, aber sie zeigt zumindest die formalen logischen Strukturen auf, die jede Art von Bewußtsein und Selbstbewußtsein verwenden muss, um sich der Informationen, die in das Gehirn eindringen, bewußt zu werden und sie zu nutzen.
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Was wir NICHT sind
Heute muss man den tagtäglich in die Technik blickenden, "mechokardischen" Menschen zunehmend daran erinnern, daß der Mensch nicht auf das Denken reduziert werden kann, wie bereits Paul Valéry mit den Worten feststellte : »Im Innern des Denkens und dahinter ist kein Denken, ebensowenig, wie im Telephondraht eine Stimme ist«.Unser Selbst, unsere Umwelt und das Leben nur durch konstruktives Scheitern erfahrend, bleibt uns einzig, diese zu reflektieren, wie es bereits Arthur Conan Doyle's berühmte Romanfigur Sherlock Holmes tat :»Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag«.
Wenn Joseph M. Gaßner im Dialog "Vom Higgsfeld zum Bewußtsein" über das Higgsfeld als die Energie des materiellen Seins spricht, führt dies ebenso zu der Frage nach der Energie des Lebendigen, die wir hinter den Ebenen von Worten, Zeichen, Bildern und Allegorien zu erleben imstande sind, und wie wie uns universal verorten.
Sein empathisches Potential, welches er nötigst brauchen wird, um sich darüber klar zu werden, wieviel Intoleranz er zu tolerieren bereit ist, wird der Mensch erst dann entfalten können, wenn er insbesondere diejenigen seiner Wesensanteile für seine Entwicklung fokussiert, die er niemals in die Maschine entlassen kann.
Diese Erkenntnis läßt den Autor das Kapitel mit den Worten schließen :
»Es ist Mensch, wer sich als Mensch erklärt, und nicht in die Maschine fährt.« |
Teil 2 : Über das Unwissbare
Bild: Knots Colour von M. C. Escher |
Solange wir als bewußte Funken des Universums dieses Universum als ungleichzeitiges, zeitliches Daseinserlebnis begreifen, degeneriert nicht nur unsere Existenz zu einem Prozess, genannt "Leben", welches womöglich ausgelöst wurde durch einen Mangel, der vom menschlichen Subjekt durch sein Dasein ertragen wird. Auch das omnipräsente Allwissen fällt hinab in Erkennen, Wollen und in dessen Kommunikation durch Symbole innerhalb unserer sinnlichen Wahrnehmungsbereiche. Diese Kommunikation IN und ZWISCHEN uns bringt "Sprache" hervor, und benutzt diese. Das komplette menschliche Wissen ist in irgendeiner Form in Sprache materialisiert.
Mit dem Verstehen davon, wie Wissen durch Sprache kondensiert wird, kann auch unsere Vorstellung des Verhältnisses zum Unwissbaren erwachsen.
Systemik
Der Begriff "Systemik" ist bis heute noch nicht scharf definiert. Systemische Disziplinen sind z. B. :
- Systemische Supervision, bei der die berufliche Praxis beobachtet und reflektiert wird
- Systemisches Coaching (Einzelcoaching, Karrierecoaching, Teamcoaching, Businesscoaching, Projektcoaching), bei dem alltägliche Fragen der persönlichen Lebensführung im beruflichen und privaten Bereich im Vordergrund stehen
- Synergetik-Therapie
- Systemische Beratung inform der Beratung von Individuen oder Gruppen (z. B. Paare, Familien, Teams, Organisationen) oder der inzwischen von Krankenkassen bezahlten systemischen Psychotherapie
Die Systemik beweist durch ihre Praxis, daß die "kommunikativen Wechselwirkungen" jeglicher lebender Systeme, egal ob es sich dabei um ein einzelnes Selbst, die Familie, die Arbeitnehmer eines Unternehmens oder eine ganze Gesellschaft handelt, mit den gleichen, der Systemik prinzipiell zugrunde liegenden Metatheorien als Träger von Symptomem zusammen mit ihrem Umfeld ganzheitlich betrachtet und positiv stabilisiert werden können.
Zu den Metatheorien der Systemik zählen die bereits vorgestellten :
- Systemtheorie
- Chaostheorie
- Synergetik
- Dissipative Strukturen
- Autopoiese
- Konstruktivismus und
- Kybernetik zweiter Ordnung
Allegorie
Allegorien sind IMMER systemische Metaphern, deren Bedeutung in den Relationen und Zusammenhängen zwischen ihren Symbolen und Bildern steckt. Wenn wir die Allegorien verstehen, verstehen wir auch ihre Systeme !
Bei der Allegorie handelt es sich um eine rhetorische Stilfigur, die unter den Formen des uneigentlichen Sprechens als fortgesetzte, über ein Einzelwort hinausgehende, Metapher gilt. Auch kann sie inform der Personifikation auftreten, in der eine Person durch Attribute, Handlungsweisen und Reden als Veranschaulichung eines abstrakten Begriffs, zum Beispiel einer Tugend oder eines Lasters, agiert.
Martin Heiddegger schreibt in "Der Ursprung des Kunstwerkes" : »Daß das Kunstwerk auch ein Ding ist und nur über sein Dingsein hinaus noch etwas anderes bedeutet, als Symbol auf etwas verweist oder als Allegorie etwas anderes zu verstehen gibt, beschreibt die Seinsweise des Kunstwerks von dem ontologischen Modell aus, das durch den systematischen Vorrang der wissenschaftlichen Erkenntnis gegeben ist.«
Als Beispiel betrachten wir das folgende Gemälde der Renaissance :
Bild : Die Verleumdung des Apelles
von Sandro Botticelli
In der dargestellten Verleumnung des Apelles sitzt auf der rechten Seite sitzt der König auf dem Thron mit mit langen Eselsohren. Mit niedergeschlagenen Augen lauscht er den Einflüsterungen der Unwissenheit und der Verdächtigung.
Vor dem Thron steht im zerfetzten Kapuzenmantel der Neid, der die linke Hand anklagend dem König entgegenstreckt und mit der anderen Hand die Hand einer jungen Frau, der Verleumnung, mit einer brennenden Fackel umklammert hält. Diese zerrt den fast nackten Apelles an den Haaren hinter sich her, der seine Hände bittend erhoben hat.
Um die Verleumdung bemühen sich die zwei schönen jungen Frauen, die Nachstellung und – mit flatternden pastellfarbenen Gewändern herbeieilend – der Betrug (im Italienischen weiblich).
Hinter dieser dicht gedrängten Gruppe wendet sich dürr und in Lumpen gehüllt die Reue einer nackten und schönen jungen Frau zu; es ist die nackte Wahrheit, die nichts zu verbergen hat.
Das als Vorlage dienende Gemälde soll Apelles gemalt haben, nachdem er von seinem eifersüchtigen Kollegen Antiphilos beim König denunziert worden war, an einer Verschwörung gegen ihn beteiligt zu sein. Er malte das Bild aus Rache an den Beteiligten, nachdem sich seine Unschuld herausgestellt hatte.
Semiotik
Um jegliche Allegorien verstehen zu können, muss man zuerst ihre Zeichen und deren Bedeutung verstehen. Exakt dies ist die Wissenschaft der Semiotik.
Bild: This is not an apple
von René Magritte
Magrittes Gemälde kann als gemalte Zeichen-Theorie im Sinn des Poststrukturalismus verstanden werden. Es zeigt keinen Apfel, sondern dessen Abbild ! Der abgebildete Apfel, den niemand essen kann, ist in der Tat kein Apfel, sondern bloß dessen Zeichen, das sofort weitere Assoziationen abzurufen vermag.
Die Semiotik hat als moderne Zeichenlehre sowohl Gotthard Günther zur Idee der Negativsprache, als auch Jaques Lacan zu seinen Erkenntnissen über die Seele inspiriert.
Die älteste Definition des Zeichenbegriffes geht zurück auf Aristoteles : »Aliquid stat pro aliquo« (»Etwas steht für etwas anderes«). Demnach ist ein Zeichen etwas Wahrnehmbares, was vertretend für etwas anders steht. Es ist die auffälligste und sichtbarste Eigenschaft von Zeichen jeder Art, dass sie einem Zeichenbenutzer etwas präsent machen können, ohne selbst dieses etwas zu sein. Als Zeichen kann daher alles sinnlich Wahrnehmbare fungieren, was in irgendeiner Weise Gegenstand der menschlichen Wahrnehmung oder Vorstellung werden kann und stellvertretend für etwas anderes steht.
Die triadische Struktur des Zeichens
Die Strukturierung des Zeichens nach Ferdinand de Saussure in Signifikat und Signifikant veranschaulicht folgendes Beispiel sehr einfach : Wenn wir eine Straße überqueren wollen, so ist das Objekt der roten Ampel der Signifikant, während die Botschaft "Du sollst stehenbleiben" das Signifikat ist.
Während Ferdinand de Saussure seinen Zeichenbegriff noch vorrangig auf Sprache und den bewußten Einsatz des Zeichens als Kommunikationsmittel beschränkte, erweiterte Charles Sanders Peirce diesen zu einer universellen, formalen, von ihm erstmals "Semiotik" genannten Lehre, die auch solche Phänomene einschließt, welche keinen Menschen als Sender haben, die natürlichen Zeichen, aber auch solche, die keinen Menschen als Empfänger haben : »So sei der Sonnenstrahl für die Blume ein Zeichen, sich ihr zuzuwenden«. Saussure vernachlässigte diesen Bereich. Daher besteht bei Charles Sanders Peirce der Zusammenhang eines Zeichens aus DREI irreduziblen Grundformen ontologischen Seins, die aus den grundlegenden philosophischen Kategorien abgeleitet sind. Diese irreduziblen Grundformen können identifiziert werden als :
- Möglichkeit (Symbol / Signifikant)
- Wirklichkeit (Objekt, Ding)
- und Vernunft (Begriff / Signifikat)
-
Das Objekt ist das, was das Zeichen repräsentiert. Das Objekt kann ein einzelnes materielles Ding oder eine Klasse von Dingen sowie ein mentales Konstrukt sein.
Der Objektaspekt unterteilt sich in :
-
die Symbole,
als Laut- und Schriftzeichen der menschlichen Sprache als Netzwerk von Symbolen. Sie verweisen infolge einer Gesetzmäßigkeit oder einer Konvention auf das Objekt, unabhängig von Ähnlichkeit oder physischer Verbindung mit ihren Objekten. -
die Ikons,
welche auf einem Ähnlichkeitsverhältnis zu ihren Dingen beruhen. Diese Ähnlichkeiten können entweder optischer Natur sein, z. B. Piktogramme, ein Bild, ein Schema oder ein Diagramm, oder sie beruhen auf der lautlichen Ebene, so wie z. B. das "Kikeriki" das Krähen des Hahnes oder das "Miau" die Katze nachahmt. -
die Indizes.
Von einem Zeichen als Index spricht man, wenn es in einem Folge-Verhältnis zum Bezeichneten oder Gemeinten steht. Sie zeigen direkt auf ein konkretes Objekt, zu dem sie einen physikalischen Konnex aufweisen, z.B. das Lachen als Index für Freude, Blitz und Donner, oder eine bestimmte Dialekt-Intonation als Index für die regionale Herkunft, ein Pfeil auf einem Wegweiser, ein Symptom einer Krankheit oder ein Zeigestock.
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Das Zeichen im weiteren Sinn umfasst alle drei Korrelate. Im engeren Sinn ist es das Repräsentamen, das wahrnehmbare Objekt, welches als Zeichen fungiert.
Der Zeichenaspekt unterteilt sich in :
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das Qualizeichen (TONE), es ist eine Qualität, die ein Zeichen ist, z.B. eine beliebige Farbe oder eine Form, wie ein Kreis. Es bedarf aber noch der Realisierung im Prozess der Semiose.
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das Sinzeichen (TOKEN), ist singulär, ein tatsächlich existierendes Ding oder Ereignis, z. B. eine konkrete Warnlampe an einer bestimmten Stelle oder ein bestimmter Buchstabe auf einem Blatt Papier, ein konkretes Kopfnicken in einer aktuell vorkommenden Situation. Es handelt sich um eine individuelle Verwirklichung von Qualizeichen.
-
das Legizeichen (TYPE), welches ein über die einmalige Verwendung hinausreichendes, verwendbares Zeichen ist. Ein Legizeichen ist ein normalerweise von Menschen aufgestelltes Gesetz inform eines Zeichens, von dem Übereinkunft darüber besteht, dass es eine Bedeutung hat. Jedes konventionelle Zeichen ist ein Legizeichen, aber nicht umgekehrt. Jeder Buchstabe des Alphabets, jedes Wort einer Sprache ist somit ein Legizeichen.
TONE ist eng verbunden mit Möglichkeit, TOKEN mit individueller Realisierung und TYPE mit allgemeiner Gesetzartigkeit. Die Definitionen sind ebenso zu Grundbegriffen der Linguistik geworden.
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Der Interpretant ist das, was ein Zeichen in einem Interpreten erzeugt, indem es ihn zu einem Gefühl, einer Handlung oder einem Zeichen determiniert. Mit dem Begriff des Interpretanten ersetzt Peirce den klassischen Begriff der Bedeutung.
Der Interpretantenaspekt unterteilt sich in :
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Rhema. Dies ist ein Zeichen, das seinem Interpretanten eine Eigenschaft (z. B. grün, sauer, groß), also eine qualitative Möglichkeit bedeutet. Es wird so verstanden, als ob es diese oder jene Variante eines möglichen Objekts repräsentiert. Das Rhema ist ein Einzelzeichen, das weder wahr noch falsch ist, wenn man es logisch charakterisieren will. Es ist ein "offenes" (Bense), "ungesättigtes" (Frege) ergänzungsbedürftiges Zeichen. Es ist das, was Peirce auch den "emotionalen Interpretanten" nennt.
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ein Dicent, welches der Behauptung fähig ist und sich in eine Aussage, einen Satz übersetzen lässt, der wahr oder falsch ist. Das Dicident ist zwar selbst keine Behauptung, aber jede Behauptung ist ein Dicent. Das Dicent ist "abgeschlossen" (Bense). Da es das "Bewußtsein zum Handeln drängt", ist es ein "energetischer Interpretant", wobei die Aktion physisch oder intellektuell sein kann.
-
ein Argument, welches für seinen Interpretanten das Zeichen eines gesetzmäßigen Zusammenhangs ist. Ein Argument ist entweder eine Induktion, Deduktion oder Abduktion.
-
Die Bedeutung eines Zeichens oder Zeichenkomplexes lässt sich nur unter Berücksichtigung aller drei Bezüge erfassen. Peirce vertritt also einen holistischen Begriff von Bedeutung. Dabei sind die verschiedenen Zeichenarten die Aspekte des Zeichenprozesses, der sogenannten "Semiose".
Jeder Gedanke verweist, so wie ein Zeichen, auf einen anderen Gedanken und bezieht sich auf ein Objekt in der Welt. Das ganze Universum ist mit und von Zeichen durchdrungen, wenn es nicht sogar ausschließlich aus Zeichen besteht.
Die Semiotik ist also eigentlich eine Universalwissenschaft, von der Peirce sagt:
"It has never been in my power to study anything - mathematics, ethics, methaphysics, gravitation, thermodynamics, optics, chemistry, comparative anatomy, astronomy, psychology, phonetics, economics, the history of science, whist, men and woman, wine, meterology - except as a study of semeiotic."
Sprache
Diese systemischen, kommunikativen Wechselwirkungen, die Humberto Maturana das "gegenseitige Auslösen koordinierter Verhaltensweisen" nennt, erzeugen und basieren auf Konventionen von Zeichen, auf "Sprache".
Ludwig Wittgenstein wollte »dem Denken eine Grenze ziehen, oder vielmehr – nicht dem Denken, sondern dem Ausdruck der Gedanken: Denn um dem Denken eine Grenze zu ziehen, müßten wir beide Seiten dieser Grenze denken können.«
Die letzten Sätze seines Werks lauten :
»6.54 Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie -auf ihnen- über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.) Er muss diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig. 7 Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.« (Ludwig Wittgenstein, 1921 in Tractatus logico Philosophicus) |
Wittgenstein hat damit in seinem legendären Werk, welches Heinz von Foerster bereits in seiner Kindheit auswendig kannte, die klassische Logik als dafür unzureichend entlarvt, das Denken und seinen Ausdruck durch Sprache überhaupt formal ausreichend beschreiben zu können.
Obwohl Noam Chomsky mit seiner Forschung und der dabei von ihm entwickelten Chomsky-Hierarchie das Ziel verfolgte, eine mathematische Beschreibung der natürlichen Sprachen zu finden, ist bis heute für keine einzige natürliche Sprache der Nachweis einer korrekten und vollständigen formalen Grammatik gelungen - und dies vermutlich, weil er, obwohl er im Gegensatz zu Wittgenstein dazu rein historisch in der Lage gewesen wäre, seine wissenschaftliche Denkweise nicht von den Beschränkungen der klassischen Logik befreit hat.
Jean-Paul Satre stellte als Anhänger des Existentialismus das Individuum über die Gesellschaft. Er hat die Sprache als ausschließlich subjektiv wahrgenommen. So sah er im Anderen den Sinn aller Sprache überhaupt, aber auch all ihre mögliche Verfehlung. In seinem Werk Das Sein und das Nichts schreibt er :
»So entgeht mir der ‚Sinn‘ meiner Ausdrücke immer; ich weiß nie genau, ob ich das bedeute, was ich bedeuten will, und nicht einmal, ob ich bedeutend bin; gerade in diesem Augenblick müßte ich im andern das lesen, was grundsätzlich undenkbar ist. Und da ich nicht weiß, was ich faktisch für den Andern ausdrücke, konstituiere ich meine Sprache als das unvollständige Phänomen einer Flucht aus mir heraus. Sobald ich mich ausdrücke, kann ich den Sinn dessen, was ich ausdrücke, nur vermuten, das heißt im Grunde, den Sinn dessen, was ich bin, denn in dieser Perspektive sind Ausdrücken und Sein eins. Der Andere ist immer da, gegenwärtig und erfahren als das, was der Sprache ihren Sinn gibt.«
In derselben Lage, in der sich Jean-Paul Satre hier gegenüber seinen Mitmenschen sieht befinden wir uns aber gegenüber jeglichem Kommunikationspartner. Dies können auch andere Teile unseres eigenen Wesens sein !
Wem überhaupt klar ist, daß sein gewöhnliches "Ich"-Bewußtsein nur einen Bruchteil seines eigentlichen Wesens ausmacht, der versteht sich oft selbst nicht, da sowohl unsere wissenschaftliche Auffassung von Sprache unvollständig ist, als auch Aspekte und Arten der Kommunikation involviert sind, in deren Wahrnehmung und Verständnis wir weder geschult noch trainiert sind.
Negativsprache
In seiner späten Arbeit "Identität, Gegenidentität und Negativsprache" gibt sich Gotthard Günther den früheren Erkenntnissen Wittgensteins unter den neuen Lichtern der Semiotik und der PKL hin.
Als "Positivsprache" bezeichnet er zunächst die wissenschaftliche Sprache, welche das Sein (die Existenz alles überhaupt Denk- und Sagbaren) und das Nichts (die mythologisch und religiös akzentuierte Rolle eines überwirklichen Jenseits) beschreibt, die sich beide vollkommen symmetrisch gegenüberstehen.
Die Negativsprache aber verortet er außerhalb der Diairese (Platon'sche Ideenpyramide), sprich, außerhalb von Induktion, Deduktion, Assimilation und Akkomodation und begreift sie als »Die Sprache eines allgemein verständlichen, transzendental wirkungskräftigen Handelns«, wie sie - so erwägt er selbst - möglicherweise vor dem im 11. Kapitel Mose berichteten Turmbau zu Babel gesprochen wurde :
»Die Sprache, die da verwirrt wurde und die alle verstehen konnten, weil sie durch dieselbe gemacht waren, war die Ursprache des Negativen, die in die Dimension vor der Schöpfung (des Positiven) zurückreichte.«
Hegel schreibt : »Die Sprache ist die höchste Macht unter den Menschen. -Adam, heißt es, gab allen Dingen (Tieren), ihren Namen.– Die Sprache ist DIE ERTÖTUNG der sinnlichen Welt in ihrem unmittelbaren Dasein, das Aufgehobenwerden derselben zu einem Dasein, welches ein Aufruf ist, der in allen vorstellenden Wesen widerklingt.«
Und so kommt Günther zu dem Schluß : »Falls wir über unser Anliegen in der Sprache des Positiven Ausdruck suchen, haben wir es mit dem Thema Sein zu tun. Falls wir es aber mit Negativitäten zu tun haben, dann interessiert uns nichts, was schon ist, also nicht der gesamte Umfang der Schöpfung, sondern der Raum des Ungeschaffenen, in den der Wille die Erzeugnisse seines Handelns setzen soll.«
Warren S. McCulloch fand, so berichtet Gotthard Günther, auf die Frage : »Welche andersartigen Wiederholungsmöglichkeiten (neben dem Denken) ergeben sich für den Mechanismus durch die heterarchischen Relationen der Selbstbezogenheit?« erst nach mehreren Jahren eine Antwort, die er im Jahre 1952 auf der XIII. Konferenz für Wissen, Philosophie und Religion vortrug. Er lies die Zuhörer wissen, »dass ein Mechanismus, um "ethisches" Verhalten zu zeigen, ein analog konstruiertes zweites System benötige, mit dem der Mechanismus entweder kooperieren oder rivalisieren könnte, inform zweier Subjekte als "Ich" und "Du", bei dem entweder das "Ich" oder das "Du" überwiegt.«
Dabei würden, so meint Günther, Ich und Du zwar theoretisch ein striktes heterarchisches Umtauschverhältnis bilden, jedoch durch ihre Vermittlung durch die Objektivität zu einer asymmetrischen Ordnungsrelation degenerieren, deren Grad der Degeneration die Durchsichtigkeit und Intensität des Selbstbewusstseins bestimmt.
Wie wir wissen, sieht die PKL vor, die klassische seinsthematische Reflexion als Negation N₁ mithilfe einer zweiten Negation N₂ zu begreifen ( wegen p ≡ N₁ (N₁ p) ).
Gotthard Günther nennt es »das Gesetz des Spiegelns, das sich nun seinerseits spiegeln muss, um auf diese Weise nicht Sein sondern Reflexion zu erfahren.« Erst in dem "empathischen Dritten" könne das Denken von sich selbst wissen.
In der "amüsant-profunden Schöpfung" »Alice hinter den Spiegeln« sieht Gotthard Günther eine Beschreibung des Buchautors und Mathematikers Lewis Carroll vom Zusammentreffen dieses "empathischen Dritten" (Alice) mit der ersten klassischen Diairese (an der Spitze von Platon's Ideenpyramide), in Gestalt des Zwillingspaars Tweedeldee und Tweedledum. Sie gehören beide auf die eine Seite des Spiegels, während Alice von der anderen Seite herüber gekommen ist. Nicht Alice hat am Ende genug vom Tanz, sondern das Zwillingspaar.
Diesen "Tanz" formalisiert Gotthard Günther, indem er sich überlegt, mit welchen Kombinationen der beiden Negationsoperatoren N₁ (zwischen 1 und 2) und N₂ (zwischen 2 und 3) er wieder zum Ausgangswert zurück gelangt :
- p ≡ N₁ N₂ N₁ N₂ N₁ N₂ p
1 2 3 3 2 1 1
2 1 1 2 3 3 2
3 3 2 1 1 2 3
und
- p ≡ N₂ N₁ N₂ N₁ N₂ N₁ p
1 1 2 3 3 2 1
2 3 3 2 1 1 2
3 2 1 1 2 3 3
Wie wir von der PKL bereits wissen, sind dies die Hamilton-Kreise des Dreierkontexts.
Er bemerkt : »Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass sich die beiden Interpretationen von p im Raum der Negativität dadurch unterscheiden, dass wir den Kreis einmal im Uhrzeigersinn und einmal in der Gegenrichtung durchlaufen haben. Die Gesamtordnung der Werte entspricht also nicht mehr dem hierarchischen Prinzip. Sie ist heterarchisch orientiert und folgt deshalb der Sinnachse der Negativsprache.«
Diese beiden Möglichkeiten der »Verständigung im Raum des Negativen in seinen ersten Anfängen« vergleicht er mit dem Bericht über das sogenannte "Zungenreden" im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte.
- Inter-Subjektive Verstärkung
der Erweiterung der Kommunikationsfähigkeit : »Wenn von der Seele, generell von der Divinität die Rede ist, verstummt die Sprache schnell. Die zungenredenden Apostel geraten bei einem Teil ihrer Hörerschaft in den Verdacht des Berauschtseins (Vers 13), ein Zustand, in dem nichts Mitteilungswertes mehr aus ihrem Munde hervorgeht.« - Inter-Objektive Verstärkung der Allgemeinheit des Themas des Mitzuteilenden : Hier »ist eine Spracherweiterung in die negative Dimension des Logos gewährleistet, weil es sich um die Liquidierung einer historischen Situation der Weltgeschichte handelt. Die Apostelgeschichte berichtet nämlich auch, dass ein anderer Teil der polyglotten Zuhörerschaft beim Zungenreden vor dem unbegreiflichen Faktum stand, dass die Sprache des göttlichen Logos in jeder menschlichen Sprache simultan und unmittelbar verstanden wurde.
Gotthard Günther fragt sich : »Gibt es etwas, das selber noch nicht Begriff oder Idee ist, was aber als Baustein dienen muss, wenn Sinn und Idee erschaffen werden sollen?« Anstatt, wie bisher, des Seins (gewesene Freiheit) stellt sich Gotthard Günther dafür an der Spitze der platon'schen Ideen-Pyramide nun den Ort eines Prozesses als ein unentschiedenes Umtauschverhältnis (zukünftige Freiheit) vor, mit der Idee, dass erstes Sein in der Trennung von p und N₁(p) nur das Ergebnis eines Urereignisses ist, und dieses Urereignis hinter den ersten Grund noch, wie Schelling sagt, in einen "Ungrund" zurückführt, und das in der formalen Logik nichts anderes sein kann als die erste Relation, die vor jedem Begriffe liegt, nämlich das noch nicht in einer Entscheidung vollzogene Umtauschverhältnis.
»Darum auch kann«, so schreibt Gotthard Günther, »der Deus absconditus von uns nur zweitgradig als Demiurg - als Weltschöpfer - verstanden werden.«
Die semiotische Idee von Peirce hält er für zu kurzsichtig : »Da die beiden zur Diskussion stehenden Negationsfolgen im Symmetrieverhältnis stehen, bilden Identität und Gegenidentität ein Umtauschverhältnis, in dem jede die Stelle der anderen einnehmen kann, ohne dass sich dabei ontisch etwas ändert. Sieht man in der Triade die höchste Strukturform des Denkens (wie Ch.S. Peirce das tut), dann bleibt Ich und Du in der Subjektivität nicht unterscheidbar. Man redet dann nur von der einfachen Polarität von Objekt-überhaupt und inversem Subjekt-überhaupt.«
Daraus schließt er »ergibt sich nun wieder eine weitere Alternative. Die Heterogenität des Dritten Wertes, wenn verglichen mit der Funktion und Bedeutung der ersten beiden, erlaubt :
- die Interpretation, dass der Dritte Wert das ganze System abschließt. Daraus würde sich zwangsläufig ein Quartum Non Datur (ausgeschlossenes Viertes) ergeben. Das Resultat wäre ein sehr spezifisches Denken, in dem die Dreieinigkeit Gottes eine dominierende Rolle spielt.
- wäre aber auch die Deutung gestattet, dass die Einführung des Dritten Wertes uns lehrt, dass die Wiederholbarkeit der Negativität nirgends an eine Grenze stößt, solange man nachweisen kann, dass die Wiederholung der Negativität in einen Wert nicht »leer«, also monotone Iteration ist, sondern zu einer strukturellen Akkretion und damit zu neuen philosophischen Motiven führt. Es wären dies immer Motive des Denkens, die bisher entweder gar nicht oder nur in grob verstümmelter Form auftreten konnten.
[...]
Von der Vierwertigkeit an [können] logische Systeme eine relativ unabhängige Subsystematik entwickeln, die aller Triadik als logische Möglichkeit verschlossen bleibt.
Hier liegt der Grund, warum die indische Trimurti von Visnu, Brahman und Siva, die chinesische Dreifaltigkeit von Ju-Tao-Fo und letztlich die christliche Trinität von Vater, Sohn und Heiliger Geist solche spekulative Anziehungskraft besessen haben. Mit ihnen glaubte man sich im Besitz, des Weltgeheimnisses, weil sie den primordialen ersten Widerspruch von Positivität und der ihr zugehörigen Negation zu versöhnen fähig waren.
[...]
Jeder einzelne Hamilton-Kreis stellt ein »Wort« in einem technischen Wörterbuch einer Negativsprache dar, die nicht vorhandenes - schon geschaffenes - Sein in einer Positivsprache beschreibt, sondern jeder der 3744 Zyklen stellt eine spezifische Anweisung dar, wie gehandelt bzw. wie etwas konstruiert werden kann.
Es geht also hier - um auf die Sprache des Mythos zurückzugreifen - um jenes »Wort« (Logos), von dem es im ersten Kapitel St. Johannis heißt: "Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist".«
Seele und Seelensprache
Sigmund Freud stellte fest, dass es im Verlauf der psychischen Entwicklung eines Menschen einen kausalen Zusammenhang zwischen den Erlebnissen seiner Vergangenheit und seinen Wünschen und Begierden, seinem Verhalten und seinen Bedürfnissen gibt, und zwar bewußt wie unbewußt.
Seine Intension war es, das verborgene Unbewußte zu entschlüsseln und zugänglich zu machen, um damit die Heilung psychischer Leiden herbeiführen zu können. Damit gilt er als Gründer der Psychoanalyse. Zweifellos ist es sein Verdienst, wohl als Erster überhaupt eine Vorstellung von der Architektur der Seele unter wissenschaftlichen und analytischen Gesichtspunkten entwickelt zu haben.
Freud wendet sich in seiner Unterscheidung bewußter und unbewußter Ebenen im Menschen gegen die Vorstellung eines einheitlichen menschlichen Subjekts. Das Individuum wird aus seiner Perspektive aufgespaltet in Es, Ich und Über-Ich, die eine enge Wechselbeziehung von Individuum und Gesellschaft widerspiegeln.
Das Über-Ich ist die zensierende Instanz im Inneren des Individuums, welche die von außen gesetzten Normen und Tabus der Gesellschaft den biologischen Trieben des Menschen entgegensetzt. Das außerhalb des Individuums konstituierte Realitätsprinzip wirkt begrenzend auf die individuellen Triebinteressen des Es. Der Kampf zwischen Lust- und Realitätsprinzip, der hauptsächlich im Unbewussten stattfindet, wird zur bestimmenden Konstante des menschlichen Lebens. Wir werden krank, wenn zu viele triebhafte Wünsche unterdrückt werden.
Jaques Lacan (1901 - 1981), französischer Psychiater und Psychoanalytiker, wendete sich, wie Gotthard Günther, radikal vom cartensischen »Cogito ergo sum« ab und setzte stattdessen die Formel : »Ich denke, wo ich nicht bin, also bin ich, wo ich nicht denke« dagegen. Er verließ die Begrenzung des Fokus Freuds auf die menschliche Biologie alleine, weil ihn vor allem interessierte, wie die Gesellschaft und ihre Struktur die Entwicklung des Individuums beeinflusst. Denn auch die Gesellschaft kann krank machen, kann krank werden.
Der umfassenden interdisziplinären Arbeit des Linguistikers Roman Jakobsons folgend, stehen Sprache und Semiotik im Zentrum von Lacans Modell, weil durch die Sprache gesellschaftliche Normen und Gesetze als Meme transportiert werden, die wir mit dem Spracherwerb übernehmen. Erst mit der Sprache werden wir als Subjekte konstituiert. Dabei sind es nicht nur wir, die sprechen. Die Sprache spricht auch uns, da sie immer schon da ist, bevor wir in die symbolische Ordnung, d.h. in die gesellschaftliche Welt, eintreten.
Die Strukturierung des Zeichens nach Saussure in Signifikat und Signifikant erfährt bei Lacan eine entscheidende Umdeutung : Diese sind in ihrem Bedeutungszusammenhang einander nicht mehr heterarchisch zugeordnet, sondern Lacan beschreibt ihr Verhältnis "S/s" als hierarchisch, und folgt damit dem gleichen Gedankengang, den Gotthard Günther über das Verhältnis zwischen Ich und Du hat.
Lacan schreibt : »Der Signifikant ist, im Gegensatz zum Zeichen, nicht das, was etwas für jemanden repräsentiert, sondern das, wodurch das Subjekt für einen anderen Signifikanten repräsentiert wird.
[...]
Der Signifikant definiert sich dadurch, bei einem anderen Signifikanten das Subjekt zu repräsentieren: unendliche Verweisung des Sinns.«
Sinn entsteht also ausschließlich in der Relation über die Signifikanten. Wir können uns das einfach veranschaulichen, indem wir uns klarmachen, daß der Sinn von Botticelli's Gemälde komplett zerstört würde, wenn wir daraus einen "Signifikanten", z. B. die Wahrheit, repräsentiert durch das Signifikat der nackten und schönen jungen Frau, einfach herausnähmen.
Den Eintritt des Menschen in die symbolische Ordnung sieht Lacan im Spiegelstadium : Erstmals nimmt das Kind seinen Körper nicht fragmentarisch, sondern als Ganzes wahr, so wie er von den anderen Menschen wahrgenommen wird. Das Selbst ist also nicht innerhalb des Subjekts angelegt, sondern entsteht außerhalb von uns, als imaginäre Einheit "im Anderen". Mit dem Eintritt in die Sprache vollzieht sich aus der Sicht Lacans außerdem die Aufspaltung des Ichs, denn dieser Eintritt in die Sprache bedeutet zugleich den Ausgang aus dem "Paradies" der Symbiose vom Ich und dem Anderen.
In seiner Arbeit war er zunächst vom Strukturalismus geprägt, der als Gegenbewegung zum Existentialismus die Gesellschaft über das Individuum stellt und in dessen (auch anti-humanistisch interpretierbarem) Denken die schöpferische Rolle des selbstbestimmten Individuums universellen Strukturen weichen und diese passiv ertragen muss. Damit folgte er einer Richtung, in die bereits Freuds dritte Kränkung deutete. Das Subjekt ist nicht mehr, als nur eine Fiktion (Idealich), die durch ihre symbolische Funktion, den Signifikanten, Existenz besitzt. Lacan verlässt jedoch das strukturalistische Feld in Richtung poststrukturalistischer Unbestimmtheit, indem er die Existenz einer zwar verborgenen, aber feststehenden Sinnstruktur leugnet. Unterhalb des Signifikanten manifestiert sich der Sinn aus seiner Sicht in einer Kette von augenblicklichen Signifikanten, deren Elemente aber darüberhinaus nicht konsistent in ihrer Bedeutung sind.
Zweifellos muss man Lacan sein interdisziplinäres Streben hoch anrechnen, mit dem er versuchte, die Schwierigkeiten, seine psychistischen Ideen über die Seele überhaupt adäquat ausdrücken und darstellen zu können in fremden wissenschaftlichen Bereichen zu finden, die überhaupt nichts mit der Psychologie zu haben, auch wenn er dafür zum Teil Kritik von einzelnen Vertretern aus diesen Bereichen erntete. Seine Theorien beschrieb Lacan zunächst mit einfachen Formeln. Später suchte er außerdem Parallelen in mathematischer Topologie und am Ende übertrug er diese in eine eigene Knotentheorie.
Der Blick
Günther's "Einzelsubjekt" und dessen einzigartige "Stelle im Sein" wird von Lacan auf eine weit über die Logik hinausreichende Weise als eine Art "Fehlsichtigkeit" aufgefasst.
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Seiner Theorie nach unterscheidet sich der Blick der Welt, sowie ihren Dingen und Personen, die ein Subjekt "anblicken" fundamental von der klassischen Auffassung des dinglichen "Sehens" der Welt mit dem Auge.
Das obere Dreieck stellt das klassische Sehen dar, in welchem ein Objekt im Geometralpunkt (Auge) ein Bild erzeugt.
Das untere Dreieck verkörpert den "Blick" der Welt, ihrer Dinge und Personen auf das Subjekt, auf das Ich, auf die Person (Tableau). Der "Schirm" ist dabei das, was das Subjekt von sich offenbaren will und einerseits das Licht des Subjekts oder Selbstes verkleidet, andererseits das Ich als Träger eines Mangels (Objekt a), um den sich die Triebe drehen, vom einfallenden Licht der Welt wie eine Sonnenbrille "schützt". Lacan formuliert dies in den Sätzen : »Der Fleck ist "der tychische Punkt der Sehfunktion".« und »Auge und Blick, dies ist für uns die Spaltung, in der sich der Trieb auf der Ebene des Sehfeldes manifestiert.«
Die Subjekt-Objekt-Spaltung führt die Psychoanalyse im allgemeinen auf den sekundären Narzissmus zurück, der gesunderweise aus dem Verlassen der frühkindlichen "uroborischen Vor-Ich-Phase" hervorgeht, in welcher das Selbst alles und alles das Selbst ist. Auch diesem gesunden Narzissmus wohnen Schaulust und Zeigelust inne.
In der Malerei sieht Lacan diesen narzisstischen Trieb künstlerisch, also auf nicht-sexuelle Weise sublimiert, ausgelebt, gestillt.
"Bild" und "Schirm" fallen dabei zusammen. Während Lacan mit dieser Prämisse die Gemälde einiger Künstler analysiert, dürfte kein Zweifel daran bestehen, daß die gleiche Prämisse dazu beitragen kann, auch die Bilder und Symbole der eigenen Seele besser "zu lesen" und zu verstehen.
Graph des Begehrens
Aus seinen anfänglichen Formeln entwickelte Lacan seinen berühmten Graph des Begehrens, auf den er im Laufe der Ausarbeitung seiner Theorie immer wieder zurückkommt :
Symbol oder Formel | Bedeutung |
---|---|
◊ | Der Schnitt ist die Einschreibung des Realen in das Symbolische. Das Unbewusste besteht, Lacan zufolge, aus Symbolen (Signifikanten). Dass diese Elemente Signifikanten sind, heißt unter anderem, dass die Übergänge zwischen ihnen diskontinuierlich, diskret statt kontinuierlich, stetig sind, sprunghaft statt fließend. Wenn man zwei Signifikanten hat, gibt es also immer ein drittes Element: den kleinen Sprung zwischen ihnen. Lacan bezeichnet den Sprung zwischen den Signifikanten, hervorgerufen durch ihren diskreten Charakter, als Schnitt. |
$ | Das durch Geburt und Spiegelstadium in Bewußtsein und Unbewußtsein gespaltene Subjekt (Träger eines Mangels) ist ein Subjekt, das nicht nur "an sich", sondern auch "für sich" gespalten ist und dass von dieser Gespaltenheitserfahrung aus agiert. |
I(A) | Das Ichideal I(A) ist das Ergebnis der Identifizierung des Subjekts mit dem Anderen, der ein Urteil darüber spricht, wie sehr es dem Ideal-Ich i(a) entspricht, und dem es gefallen möchte. Der Andere muss dabei kein Subjekt, sondern kann auch ein Gegenstand, z. B. ein Spiegel sein. |
i(a) | Das Ideal-Ich i(a), das durch andere Individuen verkörpert wird, ist das Ideal, an dem das Subjekt sein Körperbild misst. |
m | Das Ich (m) ("moa") versteht Lacan als "die Vorstellung von sich selbst als Körper". Diese Identifizierung vollzieht sich im Alter zwischen 6 und 18 Monaten im Spiegelstadium, in der das das Bild, welches vom Subjekt erblickt wird, das Bild seines eigenen Körpers ist. Auf diesem Umweg begreift es sich als jemand, der einen Körper hat. |
A | Der große Andere, die Stimme, das Freud'sche Über-Ich. Die klassische Form eines großen Anderen ist Gott, der umfassendere Begriff das wahrhaftige Universum |
S(Ⱥ) | Der Signifikant eines Mangels im Anderen bezieht sich auf den realen Anderen als Lebewesen; der Schrägstrich zeigt an, dass er den Bedingungen des Sprechens unterworfen ist und deshalb gespalten ist, dass er von einem Begehren umgetrieben wird |
D | Der Buchstabe D ist die Abkürzung für das französische Wort demande. Der Ausdruck wird in den deutschen Lacan-Ausgaben meist mit "Anspruch“ übersetzt; Lacan selbst übersetzt demande mit „Forderung“ ins Deutsche. |
$ ◊ a | Das Phantasma ist eine bildhafte Szene, in welcher der Betroffene einen Wunsch oder unbewussten Wunsch realisiert. Lacan beschreibt es als Verhältnis zwischen dem gespaltenen Subjekt $ , dem Schnitt ◊ als Wiederholung des Symbols (Signifikanten) und dem Objekt a. |
$ ◊ D | Dies ist Lacans Formel für den Trieb des Unbewußten |
s(A) | Das Signifikat des Anderen s(A) entspricht Bedeutung der Forderung eines Subjekts (sein Begehren D zu stillen), aber beim Anderen. Der Andere wird als das erfahren, was dem, was ich ausdrücke, seinen Sinn gibt. Eben das meint Lacans Kürzel s(A): das Signifikat kommt vom Anderen. |
a (Objekt a) | Das "Objekt a" als der Grund des Begehrens fungiert als Antrieb und Auslöser der Handlungen des Subjekts. Aber dieser "Mangel" ist letztlich dadurch nicht aufhebbar, das Objekt bleibt unerreichbar. Objekt a kann als eine Art "Reflektionsgefälle" bzw. degeneriertes Umtausch-Verhältnis zwischen Ich und Du verstanden werden, welches seit dem Verlassen des uroborischen, vorgeburtlichen Zustands eines Menschen durch die Subjekt-Objekt-Spaltung verkörpert wird. |
Topologische Flächen
In seiner zweiten Phase verwendet Lacan zur Darstellung seines Psychismus topologische Flächen. Lacans Parallelen zur mathematischen Topologie beschränken sich dabei auf die Sphäre, den Torus, die Kreuzhaube und die Klein'sche Flasche. Lacan hat die Entsprechungen zwischen diesen vier Flächen und den vier Objekten a nicht vollständig offengelegt. Man nimmt folgende Äquivalenzen an : Sphäre und orales Objekt, Torus und anales Objekt, projektive Ebene und Objekt Blick, Klein’sche Flasche und Objekt Stimme.
Die Innenacht kann in unterschiedliche Flächen eingetragen werden. Bei Lacan sind dies vor allem Torus, Kreuzhaube, Klein’sche Flasche und Möbiusband.
Sphäre
Weil das Ich, welches im Spiegelstadium entsteht, auf einem Bild basiert, konstituiert es nach Lacan eine ganze Sphäre des Bildhaften innerhalb des Psychischen, die Lacan mit dem Begriff des Imaginären bezeichnet. Er betrachtet die Sphäre im Gegensatz zu den anderen Topiks nicht als Gestalt. Hier ist das Innen vom Außen abgetrennt. Die Sphäre repräsentiert den Narzissmus, die Spiegelbeziehung, das Imaginäre.
Torus
Freud zufolge äußert sich das unbewußte Subjekt in Symptomen. Für diese charakteristisch ist der Wiederholungszwang. Diesem liegt ein Trauma zugrunde, und das Trauma beruht auf einer einzelnen Wiederholung. Daher dient Lacan der Torus als Anschauungsobjekt für den Wiederholungszwang und die Neurose.
Auf einem Torus kann man eine Serie von peripheren Kreisen nebeneinander setzen, und man kann diese Runden zählen. Wenn man auf diese Weise wieder beim Ausgangskreis angelangt ist und zählt, wie viele Runden man gedreht hat, hat man einen Kreis aber nicht mitgezählt, den man dennoch vollzogen hat : Den zentralen Kreis um das Loch in der Mitte des Torus. Dort verortet Lacan das Nichts, stellvertretend für das unwiederbringlich verlorene Objekt des Begehrens. Dieses Objekt wird in jedem Anspruch (D) erneut angezielt und verfehlt.
Der Longitudinalkreis (🔴) um die zentrale Leere herum ist der Kreis des Objekt a, der Kreis des Begehrens, das die Wiederholung der Forderung antreibt. Die Meridiankreise des Torus (🔵) repräsentieren die Wiederholung von Ansprüchen (D), den Wiederholungszwang.
Dafür genügen bereits zwei Ansprüche. Um den Zusammenhang von Anspruchswiederholung und Begehren darzustellen, kann man sich darauf beschränken, auf dem Torus zwei spiralförmig miteinander verbundene Anspruchskreise einzutragen. Wenn man den einen dieser beiden Kreise zusammenpresst und den anderen auseinanderzerrt, ergibt sich eine Innenacht. Die Innenacht steht für die Wiederholung, für den Wiederholungszwang.
Kreuzhaube
Die Kreuzhaube oder projektive Ebene ist, so wie auch die Klein'sche Flasche auch, ein topologisches Gebilde, welches sich ab der vierten Dimension nicht durchdringt. Dies kann aber in Räumen mit weniger als vier räumlichen Dimensionen nicht adäquat abgebildet werden.
Die Kreuzhaube verkörpert bei Lacan das Phantasma, sprich, eine bildhafte Szene, in welcher der Betroffene einen bewußten oder unbewußten Wunsch, ein Begehren, eine Versuchung realisiert. Das Phantasma beschreibt er mit der Formel $ ◊ a.
Den Zusammenhang zum Phantasma sieht Lacan darin, daß man die Kreuzhaube durch einen "Innenacht-Schnitt" (◊) in ein Möbiusband ($) und eine Scheibe (a) zerteilen kann.
Klein'sche Flasche
Die Klein'sche Flasche benutzt Lacan zur Anschauung von Anspruch und Identifizierung, Wissen und Wahrheit.
»Weiß das Wissen um sich selbst oder klafft es von seiner Struktur als eine Lücke auf?«
Diese Frage und Gewissheit weist in Lacans Augen die Struktur einer Klein'schen Flasche auf, einer Kreisstruktur also, »die sich selbst - allerdings, da das Innerste sich verbindet - umgedreht wiederfindet«
Über eine Figur wie die Klein'sche Flasche lässt sich Gott als interaktionelle – also räumliche – Orientierung wie Desorientierung topologisch rekonstruieren.
Die Klein'sche Flasche ist ein Körper, dessen Außenfläche mit der Innenfläche zu einer kontinuierlichen Oberfläche verschmilzt, so wie Beziehungen zum Anderen fallweise in einem Zwischenbereich von Vertraut- und Fremdheit, von Egoismus und Alterität, von Ich und Du oszillieren. Dies hat zur Folge, dass nicht mehr eindeutig zwischen Außen- und Innenposition unterschieden werden kann. Die Klein'sche Flasche zeigt eine Öffnung sogenannter "nicht-orientierbarer Oberflächen" vor, von Oberflächen also, bei denen man bruch- und randlos von der Vorder- zur Rückseite, vom Innen zum Außen übergehen kann und muss.
Das Modell der Klein'schen Flasche läßt erkennen, dass es keinen bestimmbaren Umschlagpunkt, keine definierbare Grenze vom Wissen zur Wahrhaftigkeit gibt und dass die Subjektverhältnisse naturgemäß undefinierbar und uneindeutig sind.
Die Klein'sche Flasche repräsentiert das "Wissen, das sich selbst weiß", die pandeistische Wahrhaftigkeit, den rasierten Barbier, der alle im Dorf rasiert, die sich nicht selbst rasieren.
Borromäischer Knoten
Man könnte sagen, daß der borromäische Knoten, der später von Slavoj Žižek weitergedacht wurde, das Herzstück oder der Ausgangspunkt zu Lacans Knotentheorie darstellt, die er in der letzten Phase seiner Untersuchungen entwickelte.
Der Borromäische Knoten besteht aus drei miteinander verbundenen Ringen, die einen Knoten oder eine Kette bilden. Löst man einen der Ringe heraus, so sind auch die beiden anderen frei. Lacan erklärte mit diesem Bild des Knotens die Struktur des seelisch Unbewussten bei jedem sprechenden Subjekt.
Anfangs gab es in der Theorie Lacans im borromäischen Knoten nur drei Register. 1975 beschloss Lacan, der Dreier-Konfiguration einen vierten Ring hinzuzufügen. Diesen neuen Ring bezeichnete er als Sinthom, also das Symptom. Dieser vierte Ring bindet die Struktur der anderen drei.
Das Sinthom hilft dem Subjekt dabei, sich selbst derart zu verankern, dass es sich mit der Realität verbinden kann und sich an sie anpassen kann. Das Sinthom dient als Enklave für das Subjekt. Wenn es aus dem Verbund herausgelöst wird, kann es zu einer Psychose kommen.
Symbol oder Formel | Bedeutung |
---|---|
a (Objekt a) | Objekt a ist jene Stelle des Psychischen in der Mitte des borromäischen Knotens, an dem sich das Imaginäre, das Symbolische und das Reale überschneiden |
JȺ | Die Lust am ausgestrichenen Anderen bezieht sich auf das "Den-Anderen-Genießen", sprich, Lust am Anderen haben, nicht aber auf die Lust auf der Seite des Anderen. |
Sinn | Im Feld der Psychoanalyse bezieht sich der Sinn ausschließlich auf Symptome. Das Diagramm stellt dar, daß der Sinn entsteht durch die Verbindung des Symbolischen und des Imaginären. Im Sinn werden das Symbolische und das Imaginäre nicht direkt miteinander verbunden (die beiden Ringe liegen übereinander, sie sind nicht miteinander verkettet). Der Sinn beruht darauf, dass die Ringe des Imaginären und des Symbolischen durch den Ring des Realen miteinander verbunden sind, wobei die Verbindung die Struktur eines borromäischen Knotens hat. |
J𝛗 | Das phallische Genießen ist nicht schlicht und einfach die mit dem Penis oder der Klitoris verbundene Lust. Beim „phallischen Genießen“ verbindet sich die Lust mit dem Signifikanten, mit der Sprache. |
I | Das Imaginäre ist die Ordnung der Bilder. Aber auch die übliche Bedeutung von "Illusion" ist gemeint. Aber nicht jede Art von Bild ist gemeint; im Zentrum steht vielmehr das Körperbild ("Körper" meint Seelenkörper). Das Imaginäre ist die Ordnung des Körperbildes, insofern es eine Illusion hervorruft. |
S | Das Symbolische – damit ist die Sprache gemeint. Das Unbewusste ist strukturiert wie eine Sprache. Das Unbewusste ist der Diskurs des Anderen. |
R | Das Reale ist das Unwissbare, denn Lacan begreift es als etwas, das wir uns nicht vorstellen können, etwas, das wir nicht in Bilder und nicht in Worte bringen können. Das Reale (NICHT die Realität, die wir konstruieren!), ist das, "was der Symbolisierung absolut widersteht", etwas, das wie er auch sagt, außerhalb der Vermittlung durch das Symbolische oder das Imaginäre ist". Es unterscheidet sich von der Realität insofern, als dass die Realität deine Auffassung der Welt ist. Das Reale besteht darin, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.", sagt Lacan; damit meint er ganz allgemein jegliche Versuchung, das Versuchen einer Sache oder Person". |
Das Unwissbare
Lacan wies darauf hin, daß die Formulierung "Am Anfang war das Wort" sowohl in Bezug auf die Genesis, als auch auf das Evangelium des Heiligen Johannes, über welches Gotthard Günther ebenso reflektierte, undifferenziert verwendet wird, denn in den jüdischen heiligen Schriften sei gut zu ersehen, daß das Wort nicht am Anfang war, sondern vor dem Anfang, also bevor das Wort Gestalt annahm und Fleisch wurde, da die betreffende Textpassage in den lateinischen Schriftquellen der römischen Zeit nicht "in principio erat fides" sondern "in principio erat verbum" lautet. So sagt sie, dass es sich um das Prinzip handelt, das wir nicht erreichen können, das uns in Wahrheit sehr schwer vorstellbar ist, wie auch im griechischen Text betont wird: Εν αρχη ην ο Λογος, [also] Λογος: die Sprache, und nicht das Wort. Und danach macht Gott Gebrauch von der Sprache.
Er sagt: "Es werde Licht".
Sein Hinweis soll verdeutlichen, warum er das Unbewußte, Reale psychisch in einem Bereich verortet, der außerhalb der Sprache liegt und vom Symbolischen nicht assimiliert werden kann, und somit unwissbar ist. Das Unbewußte, Reale führt ihn zur Frage nach der Existenz Gottes, die »ihr Gewicht nur dadurch erhält, dass sie eben auf einer grundlegenderen Struktur beruht, nämlich : Könnten wir anstelle [verbindlichen] Wissens sagen, dass das Wissen sich in irgendeiner Weise selbst weiß? [...] Wie auch immer wir Anforderungen des Wissens ertragen, können wir dies erfahrungsgemäß nur, indem wir sie im Signifikanten artikulieren. Weiß das Wissen um sich selbst oder klafft es von seiner Struktur als eine Lücke auf?«
Michael Bousseyroux, der eine solche Kluft durch Gott bzw. die Folgen der Schöpfung bedingt und vermittels der Sprache als Sinthom kompensiert sieht, glaubt, »Gott musste, um zu erschaffen, sich selbst de-kreieren, d. h. er musste Loch werden, sich löchern. Daher ist das Loch das wahre Ungeschaffene Gottes: Gott ist dieses ungeschaffene Loch [...], das die Existenz des Sprachwesens bedingt, weshalb die Existenz Gottes, sein Werden, in den Händen des Sprachwesens liegt.«
(Anmerkung : Heidegger nennt dieses "Loch" mit seiner fast rabulistisch erscheinenden Hermeneutik, für die er bekannt ist, auch "Lichtung". Man muss den Philosophen, insbesondere Heidegger, an dieser Stelle ihre Beschränkung auf die Sprache verzeihen, da sie als solche wenig andere Mittel beanspruchen können und ihnen der interpretierte Kontext noch zusätzlich die Hände bindet).
Dieses »höchste Wesen« fungiert aus der Sicht Lacans »als ein Korkenzieher« und impliziert jenen »opaken Begriff des νοῦς (nous)«, der als (göttlicher) "Geist", "Intellekt", "Verstand" oder (göttliche) "Vernunft" verstanden, als "ex-sistierend" (im Außen "sistierend", seiend) aufzufassen ist.
Damit, dass die Götter nicht nur innen und/oder außen sind, sondern einer Topologie des Geheimnisvollen, Unheimlichen angehören bzw. diese ausmachen, wird die vermeintliche Alternative von logos (λόγος) oder mythos (μῦθος) im Phantasma (φἀντασμα) ge- und verbunden. Dabei erweisen sich Innen- und Außenwahrnehmung des Phantastischen derart ineinander verschränkt, dass sie ein und dieselbe Fläche der Innen-Außen-Wahrnehmung darstellen und auf die Anwesenheit einer Abwesenheit, auf das dem Innen immanente Außen bzw. das einem Außen inhärente Innen hindeuten. Eine solche Fläche hat die Topologie der Klein'schen Flasche.
Somit muss aber auch die Struktur des Gottesglaubens intra- und intersubjektiv, zirkulär und tautologisch, ungeklärt und unklärbar sein. Es wird sichtbar, dass "Gott" unter diesen Aspekten zu einer Art narzisstisch stabilisierendem, existenziell unerlässlichem, die Leere kompensierenden, topologischen Flaschengeist wird.
In der Psychoanalyse ist es das Wissen, das im Unbewussten entschlüsselt wird, in der Wissenschaft reichen die Beispiele von Descartes über Cantor und andere bis zu Einstein.
Aus dieser Perspektive gibt es keinen besseren Unterstützer der Existenz Gottes als jenen Atheisten, der den persönlichen Gott zugunsten des Gottes der rationalen Theologie ablehnt, weshalb Lacan sagt, die wahre Form des Atheismus laute: »Gott ist das Unbewusste«. Nicht mehr Gott, sondern nunmehr der Mensch des 21. Jahrhunderts selbst versagt sich den Zugang zur Wahrhaftigkeit.
Der Aussage »Gott selbst ist ja dieses: welcherart man sich mit ihm einlässt« von Kierkegaard entnimmt Slavoj Žižek, "Gott" sei demnach nichts Anderes als die Art und Weise des jeweiligen individuellen phantasmatischen Bezugs auf ihn und das bedeute konkret, wir wenden uns nicht zu ihm hin, [sondern] diese Hinwendung und dieser Bezug zu ihm IST ER.
»Man sollte sich mäßigen«, sagt Lacan, »und damit meine ich, dass man sich nicht mit diesen Gottes-Geschichten aufblasen sollte: Das hat sich inzwischen abgenutzt... Die Tatsache, dass es im Realen Wissen gibt, bedeutet nicht, dass wir gezwungen sind, es mit Gott zu identifizieren.«
So, wie Lacan betont, daß die Klein'sche Flasche das Wissen, das sicht selbst weiß verkörpert, und der borromäische Knoten zum Erhalt der Gesundheit nicht zerstört werden darf, müßte eine vollständige intrinistische, pandeistische Erkenntnis in Anlehnung an den Knoten so aussehen :
Hinter den Spiegeln
Das Unwissbare ist also, wie wir sehen, keinesfalls die Wissenschaft der Unwissenden, wie man meinen könnte. Was können wir also erwarten, zu sehen, in der letzten Reihe unseres Erlebnis-Kinos ?
Das von Platon überlieferte Höhlengleichnis beschreibt sehr klar die Vorstellung dieses metaphysischen Theaters ("Participation mystique") inform einer Allegorie. Und es besteht kein Zweifel, daß es bis heute von den meisten Menschen, die es erleben, als mystisch oder zumindest eidetisch, transpersonal wahrgenommen wird (die Psychosynthese ist sogar ein Versuch der Symbiose zwischen der klassischen Psychologie und Mystik). Dabei zwingt uns unser objektives Begriffsvermögen dazu, innere Wahrnehmungen teilweise zu personifizieren, weil diese Symbole den Ausdrücken unserer Seele am besten entsprechen.
Gott und Teufel zählen dabei sicherlich zu den Extremen archetypischer Personifikationen des Unbewußten von anonymen Formen energetischer Tendenzen. Dies könnte - so Julian Jaynes, mit historischem Blick auf die menschliche Entwicklung - auch durch das Aufkommen der Schrift als Form fixierter Sprache und Gedanken und der damit neuen Möglichkeit des Festhaltens von Geboten und Weisungen begünstigt worden sein, denen sich ein Mensch, anders als den bis dahin gewohnten, unmittelbaren, akustisch-halluzinatorischen Eingebungen, nun erstmals von SICH aus stellen, aber eben auch entziehen konnte. Seitdem ist die Seele (im Sinne der Sapir-Whorf-Hypothese) in ihrem Ausdruck uns gegenüber auf das "Alphabet" (Erfahrung) beschränkt, daß wir ihr gegeben haben.
(Ob diese Archetypen dabei als transzendental-imperative Allegorien zu verstehen sind, sprich, einem kollektiv Unbewußten entsprechen oder entspringen, kann uns wohl bis heute auch der Poststrukturalismus nicht zufriedenstellend beantworten).
Da also Kommunikation nur durch gleiche, und Personifikation nur durch fremde Symbole möglich ist, stehen am Ende die Ratio und ihr Wissbares der Empathie und ihrem Unwissbaren gegenüber und durch sie erleben wir deren gegenseitige Reflexion.
Wer an den Spiegel tritt, um sich zu ändern, der hat sich schon geändert. |
Jedesmal, wenn wir uns beispielsweise durch Kontemplationen vor diesen Spiegel setzen, Sympathikus und Parasympathikus ins Equillibrium geraten, Alphawellen zunehmen, dann nehmen wir vor unserem inneren Auge zunächst Worte, Bilder und Emotionen wahr. Nach einiger Zeit werden diese allgemeiner, lösen sich ab vom gegenwärtigen Augenblick und Erinnerungen führen zu bewußt wahrnehmbaren Seinszuständen, für die es kaum oder keine Worte und keine Symbole oder Zeichen mehr gibt.
Diese Muster sind Produkte aus allem, was wir ästhetisch oder empathisch wahrgenommen haben und aus allem, was wir wissen und in der Zukunft erwarten.
Was erwartet uns
HINTER diesen Zeichen ?
Bild : La Reproduction
interdite |
- »Denke so, als wäre jeder deiner Gedanken mit Feuer in den Himmel eingebrannt, damit jeder ihn sehen kann. Denn in Wirklichkeit ist er das.«
- »Sprich so, als wäre die ganze Welt ein einziges Ohr, das hören will, was du sagst. Und in Wirklichkeit ist sie das.«
- »Handle so, als würde jede deiner Taten auf deinen Kopf zurückprallen. Und in Wirklichkeit tun sie das.«
- »Wünsche dir also die Dinge so, als wärst du der Wunsch. Und in Wirklichkeit bist du das.«
Der Lichtblick
Wenn wir beginnen, die Welt als Spiegel zu erkennen, wenn wir durch dieses Schlüsselloch blicken, werden wir unseren eigenen Blick nach einiger Zeit als Lichtblick im eigenen Nacken spüren können.
Es versuchen sich die Fliege und der Elefant zu treffen, aber der Elefant kann nicht fliegen und die Fliege kann nicht zum Elefant werden. Der Elefant muss die lästige Fliege ertragen und diese muss den Elefant im Raum stehen lassen. Er kann am Ende nur verschwiegen werden, weil die Worte zu peinlichen Berührungen geworden sind und der Sinn aller peinlichen Berührungen nur noch ist, zu lernen, das Porzellan irgendwann heil zu lassen.
Wie können wir diesem Lichtblick ohne Angst standhalten, ihn ertragen und mit ihm leben ?
Wer sich mit Liebe wappnet, überwindet Zorn, Elend, Übermacht und Missgeschick. |
Den letzten Kampf gegen die ultimative Liebe zu verlieren mag sich für viele von uns, als selbstbestimmte und aufgeklärte Menschen heute zunächst wie ein Rückfall, wie eine erneute Unterdrückung oder Unterwerfung unter eine Obrigkeit, wie den alt-testamentarischen, eifersüchtigen und herrschsüchtigen Demiurg darstellen, die mit unseren absolut berechtigten, mühsam erkämpften heterarchischen und demokratischen Vorstellungen natürlich absolut unvereinbar sind.
Dies ist ein Missverständnis ! Diese Vorstellungen von Freiheit und exekutiver Selbstbestimmtheit müssen und dürfen gar nicht aufgegeben werden. Doch ebensowenig kann ein Mensch zu Liebe, Erkenntnis, Frieden, Freiheit oder Wahrhaftigkeit gezwungen werden. Die Entscheidung zu deren Hingabe kann nur alleine er selbst treffen.
Wer sich aber explizit nur der Materie oder nur dem Geist untergeben sieht (im Sinne einer hierarchischen Ordnungsrelation) und die Ideen der jeweils anderen Seite verleugnet, so wie es der reine Materialismus (Wissenschaft) und der reine Idealismus (Religion) tun, oder das Andere nur als Emergenz des Einen akzeptiert, verkennt seine eigene Wertbehaftung in dieser Situation, die er womöglich für seinen gesamten Lebensweg erträgt.
Rudolf Kaehr, der bei Gotthard Günther promovierte, wurde darauf aufmerksam, daß es in der PKL neben der offenen Proemialrelation eine zweite, geschlossene Proemialrelation gibt.
("Koinzidenz" deutet ein "Zusammenfallen" von Werten in logischen Formen an, welche aus der Sicht Alfred Toths in der PKL aber generell unvermittelt miteinander sind)
Der geschlossenen Proemialrelation liegt die Denkfigur des Tetralemma (auch "Catuṣkoṭi" oder "Urteilsverkant" genannt) aus der altindischen Philosophie zugrunde. Ihre Anwendung durch Siddhartha Gautama (Buddha) ist im Pali-Kanon belegt. Rudolf Kaehr nennt sie kurz "Diamond" :
Neben den der exklusiven Anerkennung einer Wertbelegung der üblichen dualen, aristotelischen Extremwerte (horizontal, links und rechts) gibt es zwei weitere Perspektiven, nämlich die Bejahung oder Verneinung beider Extreme. Rudolf Kaehr entwickelte daraus die Diamond Theory. Mit ihr kann man sich der Orientierung der Ziele nähern, die ihren Platz als Ideen und Ideale in der Mitte des konstruktivistischen Selbstbewußtseins finden können, um dieses mit seiner Umwelt, dem Rest des Universums zu verbinden, und das eigene Leben guten Gewissens durchschreiten und es an seinem erreichten Ende ebenso loslassen zu können.
In der vierwertigen PKL ergibt sich daraus dieses Bild :
- das bikamerale Sein besitzt nach der Hauptthese von Julian Jaynes, die er selbst preposterous („absonderlich“) nennt, kein autonomes, exekutives Selbst, und hat sich in historisch nachweisbarem Ausmaß erst in dem Jahrtausend vor der klassisch-griechischen Hochkultur entwickelt, etwa zwischen 1300 und 700 v. Chr. Völlig selbstvergessen waren die Menschen dieser Zeit "göttlichen" Stimmen untergeben.
- Das post-bikamerale, selbstbestimmte Bewußtsein wird transzentental und konstruktivistisch, es wird sich nie mehr untergeben und gehorcht nicht mehr blind, sondern es erfindet und bestimmt sich selbst.
- Das post-konstruktivistische, immanente und empathische Bewußtsein aber gebärt sich im Moment, in dem es bereit ist, die Hingabe zu adäquaten Idealen ins Zentrum seiner iterativen Konstruktionen zu setzen. Diese Hingabe macht aus den gegenseitigen Ordnungsrelationen seiner Materie und seines Geistes freilich keine Umtauschrelationen, aber das Bewußtsein über seine Entwicklung ist womöglich lebenslang davon befreit, vom einseitig geneigten, seine Erkenntnis EX-stenziell begrenzenden Glauben an Geist oder an Materie, an Gott oder an Satan, an Sein oder an Nichtsein.
Melde gehorsamst : "Ich habe mich für die Freiheit entschieden" |
Wer "Löffelchen" mit dem Universum macht, dem gibt es die Kraft, Allem furchtlos ins Auge schauen zu können. Dabei geht es um nicht mehr und nicht weniger, als um eine in aufrichtiger Haltung, auf Augenhöhe einvernehmliche Hingabe zu Etwas, zu einem imaginären Fixpunkt, zu der idealsten, vorstellbaren "Idee" von einem Paar Schuhen, in die man hineinwachsen will, einer Idee, die uns aufhebt, die sozusagen Aufheben um uns macht, wenn und solange wir uns von ihr aufheben lassen möchten, und deren Imagination uns hilft, unser Wesen zu Lebzeiten mit dem Rest des Universums zu verbinden, und mit der wir unser Leben, wenn es irgendwann zu Ende ist, ohne Reue loslassen können. Diese Hingabe, wie Slavoj Žižek, am Ende als "Gott" zu bezeichnen, wäre zwar aufgrund der gemeinsamen menschlich-religiösen Historie gefährlich irreführend in ihrer Kommunikation, aber für das eigene Selbst ebensowenig von Belang, als wenn wir sie anders nennen, oder auch einfach gar nicht bezeichnen.
Mit dieser Hingabe können wir unsere Vorstellungen von exekutiver Selbstbestimmtheit im Leben erfüllen - vermutlich kann sie als Einzige den Platz des letzten Sinns und des letzten Begehrens würdig einnehmen.
Und den Zusammenhang zwischen der letzen Weisheit und dem letzten Kampf hat bereits Paul McCartney besungen mit den Zeilen : »...speaking words of wisdom : Let it be.«
Und so hat Einer am Ende auf das Tor zum Unwissbaren gekritzelt : "Wisch' die Tafel, und geh' aus dem Klassenzimmer: Dann hast Du bestanden !". Und über dem Tor stand in großen Lettern :
Den letzten Kampf,
den Du zu verlieren hast -
das ist Dein Kampf gegen die Liebe.
Gestolpert über Unvollkommenheit -
(es wird Manchem mit Bedauern klar,
daß er selbst schon immer sein Richter war,
und Dämon und Teufel, die erwähnt,
sind nur aus Gottes Aug' getränt,
aus UNSEREM Aug' über UNSEREN Schmerz
über UNSERE Lügen an UNSER Herz)
- erreichen wir Besonnenheit.
Nun können wir nicht unser ganzes Leben lang bewegungslos, und ohne jegliche Versuchungen vor diesem letzten Spiegel ("Nerhegeb"), der Reflexion stehen (der zugleich unser erster war). Aber wir können uns unsere Ängste in Platons Theater symbolisch vorführen lassen, sie aus unserer geistigen Behausung, der Seele, in der WIR der Herr sind, verjagen, nachdem wir den Herzensschwur auf diese "Idee" geleistet haben, und uns von ihr aufheben lassen.
Wahre Selbstbestimmung fängt daher mit der holonischen Wahl der Motivationen an :
Ein selbstbestimmter Mensch führt in sich nur solche Motivationen, die seine Ziele verfolgen, und er gibt sich freiwillig nur solchen hin, die er selbst voranbringen, |
Angst und Schuld sind dabei keine Option mehr.
Das Erflammen des Bewußtseins immanenter und omnipräsenter Verbundenheit mit dem Universum hat seit längster Vergangenheit die betroffenen Gemüter bewegt :
»In der Natur ist »Wir müssen auf unsere Seelen hören, wenn wir gesund werden wollen. Letztlich sind wir hier, weil es kein Entrinnen vor uns selbst gibt. Solange der Mensch sich nicht selbst in den Augen und im Herzen seiner Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht. Solange er nicht zulässt, dass seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben, gibt es keine Geborgenheit. Solange er sich fürchtet durchschaut zu werden, kann er weder sich noch andere erkennen, er wird allein sein. Alles ist mit Allem verbunden.« |
Gotthard Günther zweifelt, und er hinterfragt zunächst ein transzententales Bewußtsein - zugunsten der Idee unendlicher, struktureller Akkretion im Diesseits : »Sobald das idealistisch-transzendentale Denken entdeckt, daß der sich auf sich selbst wendende Reflexionsprozeß das empirische Ich auflöst, hypostasiert es, um nicht auf eine existierende Subjektivität verzichten zu müssen, ein allgemeines transzendentales Subjekt, das in allen individuellen Ichen mit sich selbst identisch ist und deshalb nicht von der privaten Reflexion eines einzelnen Ichs aufgelöst werden kann. Auf diese Weise bleibt das alte, klassische Schema des Denkens erhalten.
[...]
Die Entwicklung einer Gegenidentität setzt nun allerdings voraus, dass die philosophische Reflexion nur noch ein Diesseits kennt. Ihr muss eine Säkularisation des Jenseits vorausgegangen sein.«
Ist am Ende die zwanghafte Reflexion, bzw. die unaufhörliche Spiegelung SELBST ein Vergehen an Wahrhaftigkeit ?
Womöglich vollzieht sich die von ihm erwähnte Säkularisierung bereits durch die Abwendung vom Transzententalismus zur Immanenz. Ein Tag wird sich immer zur Nacht, und eine Nacht sich zu einem neuen Tag bekennen, solange wir uns in Reflexion verlieren. Kann alles Sein nur die Lust am Nichts beantworten und alles Nichts nur die Lust am Sein ?
Erlaubt uns eine Art pandeistisches Bewußtsein mit universeller, immanenter Verbundenheit im Leben einen Weg zur allwissenden Unwissenheit, die aber alles weiß, im Moment, in dem es gewußt werden muss, quasi eine Omnisistenz, die kohärent ist, ganz analog zu der Beschreibung Joseph M. Gaßners von den Elementarteilchen der Materie ("Vom Higgsfeld zum Bewußtsein") und können wir derer Zugang erlangen durch die - nicht theistische, sondern pandeistisches - Hinwendung zum Universum, mitunter auch deswegen, weil durch dies keine Erkenntnisbrille und kein Wissen mehr im Wege stehen ?
»Man kann |
Lacan beschrieb das Verhältnis von Wissen und Subjekt mit diesen Formeln :
-
Das Subjekt, das dem Wissen unterstellt ist : S₁/$
-
Das Subjekt, dem Wissen unterstellt wird : $/S₁
Vielleicht führt die wiederholte Iteration auf der Rückkopplung dieser beiden Formeln zur Verschmelzung mit dem Unwissbaren, deren Fixpunkt das autologische Wissen, das sich selbst weiß ist, das Lacan mit der Klein'schen Flasche beschrieben hat.
Die beste Erkenntnisbrille wäre transparent. Man denke nur an die vielen Religionen, deren Zugang zum Universum durch Erkenntnisbrillen längst verschüttet und von der großen Mehrheit heute nicht mehr begehbar sind; ihre originären Gewissheiten lediglich geglaubt, doch leider selten verstanden.
Und zuletzt sind es wir selbst, die im Wege stehen und gut daran tun, uns in der Fähigkeit zu üben, in gegebenen Augenblicken beiseite treten zu können.
Pandeistische Spekulation über Telekinese
In pandeistischer Denkweise geht die Ur-Materie aus dem Ur-Geist hervor; bereits die alten Ägypter und die Sumerer hatten diese Vorstellung. Der Zugang des pandeistischen Bewußtseins zur Materie ist sexuell. Mit dem geistigen Teilen der Lust am Dasein möglicher materieller Formen kann Bewußtsein mit Materie tanzen, sobald es die Bravour besitzt, der Not sicherer materieller Obhut entwachsen zu sein. Die notwendige Verantwortung dafür ist für Menschen aber unerträglich, weil Menschen in ihrem Dasein außerstande sind, zärtlich genug zu sein, also das schöpferische Feingefühl nicht beweisen können.
Wer das nicht glauben will, soll sich mit dem Vorhaben, einen rosa Elefanten zu schöpfen, diesen bis ins Detail ausmalen und dann sieben Tage lang nicht daran denken. Er wird es nicht schaffen, dieser peinlichen Berührung zu entgehen, die letzten Endes sein Verhängnis wäre, wenn er zum geistig-materiellen Schöpfen in der Lage wäre.
Als gemeinsame Schöpfer haben wir die materielle Geborgenheit mit Sicherheit in Hände gelegt, die menschlicher Unzulänglichkeit absolut erhaben ist. Wir sind nicht mehr materiell, wenn wir die Materie vor ihrer Form, also im kohärenten Zustand (Higgs) berühren können.
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Es ist fraglich, ob, wie Paul Valéry sagt, das Auge tatsächlich nichts vom Sehen weiß. Vielleicht hat der Mensch nur vergessen, wie er sich selbst durchsschauen kann, hat vergessen, wie man einer Morphose ohne "Meta" begegnet, und dieses, weil er seiner Semiose ausgeliefert ist : Ständig schafft er im Geiste Symbole, und läßt sich von diesen symbolischen Dynamiken beherrschen und hinreisen. Wie könnte er anders? Dies ist für sein Leben IN Materie absolut notwendig, aber für ein Leben MIT Materie absolut unmöglich !
Wir müssen dies gewußt haben, als wir Mensch wurden und wir müssen mit dem Vergessen darüber einverstanden gewesen sein. Denn das "Wissen, das sich selbst weiß" - die pandeistische "Wahrhaftigkeit" in der Mitte - ist dieser Semiose nicht ausgeliefert.
Das Universum hat nichts mit uns, was wir nicht mit ihm haben. Wer es IN sich haben will, muss aufhören, es nur MIT sich zu haben uns dieses bewußt werden lassen, indem sich das MIT-IN dem MITHIN erinnert.
Selbst-Ermächtigung
Aus systemischer Sicht lassen sich Günthers besondere Junktoren m₁ und m₂ im Dreierkontext am ehesten auf das aus der Psychologie bereits bekannte kognitive Dreieck projizieren. Dieses erklärt, wie die Summe aller flüchtigen Gedanken durch kontinuierliches Erleben von prägenden Momenten trägere Emotionen formen, welche die Basis für all unser unmittelbares, vor dem Gedanken zutage kommendes Verhalten sind, welches wiederum Gedanken auslöst.
Auf diesen Schienen können aber manchmal auch Negativ-Spiralen entstehen. Die dem Verhalten ausgelieferten Gedanken verstärken damit unerwünschte Emotionen, die wiederum unerwünschtes Verhalten auslösen. Dann muss die nächste Fahrt rückwärts gehen.
Glücklicherweise können wir uns für ein Verhalten entscheiden, oder dieses erarbeiten, welches zu den Emotionen führt, die uns gut tun und welche solche Gedanken beenden, die uns stören. Was so einfach klingt, ist jedoch gewöhnlich eine Selbstarbeit, die niemandem anderen überlassen werden kann.
»Willst Du erkennen, »Die meisten Menschen sind so in die Betrachtung der Außenwelt vertieft, dass sie das, was in ihnen vorgeht, völlig vergessen haben.« |
Das Leben will sich sehen. Es sieht sich, wenn wir uns sehen. Die Kybernetik zweiter Ordnung kennt die "Beobachtung der Beobachtung". Wenn man sich selbst als Punkt vorstellt, der durch das Leben wie auf einer Kurve entlangläuft, und sich dabei selbst - seine eigenen Richtungsänderungen - beobachtet, erfährt man nicht länger nur die Umwelt, sondern sein Verhalten. Selbst-Wahrnehmung ist die Wahrnehmung des Anstoßes des Selbstes an seiner Umwelt. Wenn man diesen Schlüssel der Selbst-Erkenntnis unter mathematischem Licht als "Ableitung" begreift, dann ist das Gegenteil, die Aufleitung, oder Integration der Schlüssel der Selbst-Verwirklichung.
Ein Informatiker würde vielleicht sagen : "Während sich iteratives Vorgehen lediglich auf die nächsten Handlungen bezieht, fokussieren sich rekursive Muster auf das prinzipielle Verhalten, dem mögliche iterative Vorgehensweisen überhaupt zugrundeliegen". Die Iteration des Bewußten ist, auf seine Handlungen zu blicken, inclusive dieser Handlung des Blickens selbst. Unser eigenes f(f) als transzendent vorausgesetzt, sind es Potentiale unseres Selbstes (-Wahrnehmung, -Beherrschung und -Vewirklichung), die in unserem Dawerden solchen rekursiven Mustern entsprechen.
»Ich bin nicht das, was mir passiert ist, ich bin, was ich beschließe zu werden.« |
Wie wir bereits von der kognitiven Homöostase wissen, bewegen wir uns im Alltag ständig in der Endlosschleife zwischen Erkennen und Wollen, zwischen Ansicht und Absicht. Der Physiker hat hier vielleicht die Helmholtz-Gleichung als kontinuierliches Analogon zum diskreten Eigenwertproblem vor Augen.
Das Bewußtsein darüber, daß wir IN dem Bild "leben", das wir uns von der Welt machen, verleiht uns die Fähigkeit, dieses Bild konstruktiv und intrinistisch anzupassen, und die Wahrhaftigkeit, die es dabei erfährt, verleiht ihm (scharf abgegrenzt von den pronoiden Ideen der New Ager), je nachdem wie gut wir seine ursprünglichen Konflikte mit der Umwelt innerlich lösen konnten, jene Wirkmächtigkeit, die Umwelt damit durch seine Reflexion zurück nach außen inhärent zu verändern (2. hermetisches Gesetz), weil WIR ja ein Teil dieser Umwelt sind, und die Konflikt-Lösung durch unsere innere Anpassung bereits erbracht haben - also quasi in "Vorleistung" mit ihm treten.
»Es hängt alles davon ab, wie wir die Dinge sehen, und nicht davon, wie sie sind.« |
Schelling schreibt : »Gott selbst, damit er sein kann, bedarf eines Grundes, nur dass dieser nicht außer ihm, sondern IN ihm ist, und hat in sich eine Natur, die, obgleich zu ihm selbst gehörig, doch von ihm verschieden ist.«
»Und«, so schreibt Gotthard Günther über den Spiegel, dem initialen Umtauschverhältnis der Coincidencia oppositorum, »es benötigt einen Akt der Freiheit, etwas zu tun, was die eine Schale« (zukünftige Freiheit) »steigen und die andere« (gewesene Freiheit) »tiefer sinken lässt. Dieser Akt, der das Symmetrieverhältnis der temporalen Aspekte Vergangenheit und Zukunft in ein asymmetrisches Ordnungsverhältnis verwandelt, in dem die Zeit sich aus der Vergangenheit in die Zukunft zu ergießen beginnt, kann nur noch als freie Handlung und nicht mehr als Sein begriffen werden«. Diese Handlungsfreiheit ist natürlich auf unsere endliche Lebenserfahrung begrenzt.
»Was hinter uns liegt und was vor uns liegt, sind kleine Angelegenheiten verglichen mit dem, was IN uns liegt.« Ralph Waldo Emerson,(1803-1882), amerikanischer Philosoph, Schriftsteller |
Irrwege und Weg
Solche Lichtblicke und seelische Berührungen, oder bereits der sehnliche Wunsch danach, sind immerzu Anlaß, so Manchen schnell in die Verblendung zu führen. Alle Versuche, metaphysische Glaubensideen durch Wissens-Aggregation in die Moderne zu führen, schuf am Ende neue Glaubenssysteme. Bereits die Gnostiker hatten ihre konkreten Vorstellungen vom Weg. In den 1920ern waren es beispielsweise Charles W. Leadbeater, Helena Blavatsky und Annie Besant, die die Theosophie mit ähnlichen Intensionen gründeten. Es war Rudolf Steiner, der als Vater der Anthroposophie gilt. Es war Aleister Crowley, der Thelema gründete und dem der moderne O. T. O. bis heute folgt. Und es war Robert Monroe, der versuchte, sich bis zum Schluß vom Glauben deutlich zu distanzieren und wissenschaftlich zu bleiben - um nur einige Namen zu nennen.
Der Esoterik-Boom der 1990er brachte dann zu all diesen Lehren die "gechannelten" Botschaften und als weiteres Gegengewicht alle möglichen, schädlichen Verschwörungstheorien hinzu, die in den Esoterik-Läden fortan direkt daneben standen - womöglich genau wie ihre Leserschaft neben sich. Es war genau die gleiche aufgesetzte Scheinheiligkeit, die man, wie schon sonntags in der Dorfkirche, fast ausnahmslos vorfinden konnte.
Sie wollten mit Sophia schlafen -
und am Ende schliefen sie mit ihrer Schwester, der Torheit.
Auch das unaufhörliche Mißbillingen fehlender sexueller Enthaltsamkeit (das "Verschütten des Hermes-Kelches" in der "Sexualmagie"), drängt jeden modernen, aufgeklärten Menschen, der ein natürliches und ungestörtes Verhältnis zu seinem Körper haben möchte, unmittelbar in Schuldgefühle und Gewissenskonflikte, und darüberhinaus weit ins magische Denken zurück.
Zu spekulativ und unwägbar dagegen erscheint die Frage, ob die Herausforderungen christlicher Kirchen mit menschlicher Sexualität auf einen Madonna-Hure-Komplex zurückzuführen ist, bei dem Männer eine Sexualpartnerin begehren, die erniedrigt wurde (die Hure), während sie die respektierte Partnerin (die Madonna) aufgrund inzestiöser Gefühle zu ihr nicht begehren können.
Religionswissen ist fraglos aus vielerlei Hinsicht zu persönlichen Studienzwecken interessant und beherbergt viele Schätze, die noch nicht durch Machtgier von Priesterkulten zerstört wurden - aber es sollte NIEMALS zu falschen Verbindlichkeiten führen. Denn es ruft unmittelbar Seelenfänger auf den Plan, die die Dummheit ihrer Mitmenschen gnadenlos ausschlachten.
Man kann in allen Religionen zusammen nicht die Weisheit finden, die alleine mit offenem Herzen gefunden werden kann. Die Herzen der Menschen können größer sein, als ihre Religionen, wenn sie es nur wollen.
Religion braucht keine Priester,
Glauben braucht keine Religion,
und Spiritualität braucht keinen Glauben.
Man kann es daher nicht oft genug erwähnen :
Fallt von alleN Glauben ab, denn |
So Manchem erscheint es als töricht, sein Rad neu zu erfinden und nicht stattdessen den gläubigen Mitmenschen einfach nachzufolgen, so wie dies in anderen Lebensbereichen auch praktikabel ist.
Doch der Tandemsprung des Geistes in die Einzigartigkeit eines jeden Menschen und seines Weges, ihr Verstecken ins Universum wie ein Osterei im Garten, kann nicht nur stattgefunden haben, um verständnislos zu imitieren, was andere für sich gefunden haben. Die Arbeit, dieses eine Rad, unser einzigartiges Selbst, rund zu machen - das können nur wir alleine.
Persönlich gesammelte innere Erkenntnisse können immerzu dazu verführen, in ihre Anbetung zu verfallen und zuletzt in einer passiven Erleuchtungs- oder Erlösungserwartung zu verharren. Brachiale Veränderungen, wenn sie anstehen, bedürfen keines Kniefalls und keiner Unterwerfung. Sie bedürfen keiner Schuld, keiner Verurteilung, keiner Prüfung und keines letzten Gerichts. Und sie bedürfen keiner Illusion der Religion und des Glaubens, sondern dem aufrechten Gang mit dem steten Blick auf Augenhöhe.
Seine eigenen Gottesanbeterinnen sollte man am besten gleich zum Frühstück verspeisen.
Gotthard Günther resümiert in seiner Arbeit "Identität, Gegenidentität und Negativsprache" :
»Die Engel, die auf der Himmelsleiter hinauf und hinabsteigen, sind nach einer alten Deutung die Worte Gottes. Ohne sie bleibt die letzte Ferne des überirdischen stumm. Diese Stummheit des Eschatologischen wird in jeder Metaphysik von Rang bestätigt.
Das Nirvana ist stumm und Samkara bekräftigt das Schweigen für die Identität atinan gleich brahma in seinem Kommentar zu den Brahmasutras.
Nicht weniger eindringlich ist die Rolle des Schweigens in der areopagitischen und neuplatonischen Gedankenwelt. Die Götter erkennt man an ihrem Schweigen, die Engel am Geheimnis (das ins Unaussprechliche überleitet) und die Menschen an der Rede. Bei Jamblichus ist sogar von so etwas wie einer Himmelsleiter des Schweigens die Rede. Und umgekehrt spricht Proklus geringschätzig von der "geschwätzigen Materie".«
Abschließend zitiert er Goethe zu Eckermann am 20. Juni 1831 :
»Wir verhandelten über einige Gegenstände der Naturwissenschaft, besonders über die Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit der Sprache, wodurch Irrtümer und falsche Anschauungen verbreitet würden, die später so leicht nicht zu überwinden wären.
Die Sache ist einfach diese, sagte Goethe, alle Sprachen sind aus naheliegenden menschlichen Bedürfnissen ... entstanden.
Wenn nun ein höherer Mensch über das geheime Wirken und Walten der Natur eine Ahnung und Einsicht gewinnt, so reicht seine ihm überlieferte Sprache nicht hin, um ein solches von menschlichen Dingen durchaus Fernliegendes auszudrücken.
Es müsste ihm die Sprache der Geister zu Gebote stehen, um seiner eigentümlichen Wahrnehmung zu genügen. Da dieses aber nicht ist, so muss er .. stets nach menschlichen Ausdrücken greifen, wobei er denn fast überall zu kurz kommt, seinen Gegenstand herabzieht oder wohl gar verletzt oder vernichtet.«
Schweigen ist angebracht, |
Des Menschen freier Wille
befähigt ihn zur Stille
Worte, welche sie verkennen,
werden stets an ihm verbrennen.
Musik, so sagt man, ist die Sprache der Seele. Und sie hat keine Worte mehr nötig. Mit ihr kann man sich innerlich zu diesem Schweigen bekennen. Die Idee, seine Innerlichkeit durch Tonfolgen zu bewahren, ist keinesfalls neu.
Steven Spielberg hielt die Musik in seinem Film "Die unheimliche Begegnung der dritten Art sogar für tragfähig genug, um damit intergalaktisch zu kommunizieren.
Anders als Worte können Harmonien - da ihnen die Mathematik zugrunde liegt - per Definition nicht lügen, denn sonst wären sie nicht, was sie sind.
Quellen und weiterführende Literatur
Kybernetik und radikaler Konstruktivismus
- Arthur Koestler, Das Gespenst in der Maschine, ISBN 3807739653
- Paul Valéry, Ich grase meine Gehirnwiese ab, ISBN 978-3-596-90602-4
- Heinz von Foerster, Sicht und Einsicht. Versuche zu einer operativen Erkenntnistheorie, ISBN 978-3528084684
- Heinz von Foerster, Wissen und Gewissen: Versuch einer Brücke, ISBN 978-351828476
- Heinz von Foerster, Das Gedächtnis : Eine quantenphysikalische Untersuchung
- Eckehard Glaser, Wissen verpflichtet: Eine Einführung in den radikalen Konstruktivismus, ISBN 978-3896755285
- philognosie.net : Wie lebendige Systeme ihre Wirklichkeit konstruieren
- Diplomarbeit "Holonische Multiagentensimulation" von Steffen Glückselig
- Monoskop - Cybernetics
- Wiki : Cybersyn
- HNF Blog : Ein Gehirn im Kleinen (Homöostat)
- Universität Wien : Bibliographie von Heinz von Foerster
- 6. Sitzung der HUMBOLDT-GESELLSCHAFT am 23.01.95 von Stefan Nehrkorn - Konstruktivismus: Paul Watzlawick
- heise.de : Wir sehen nicht, daß wir nicht sehen
- American Society of Cybernetics: Speaker Series
- Ouroboros Seminars 2021: Life and work of Francisco Varela
Komplexe Systeme
- Manfred Füllsack, Gleichzeitige Ungleichzeitigkeiten, ISBN 978-3531927657
- Hermann Haken, Synergetik: Eine Einführung, ISBN 978-3540110507
- Stephen Wolfram: A new kind of science, Wolfram Media Inc, 2002
- Schriftenreihe des Instituts für Umweltforschung an der Universität Osnabrück
- Stephen Wolfram : What Is Consciousness? Some New Perspectives from Our Physics Project
- Stephen Wolfram : Finally We May Have a Path to the Fundamental Theory of Physics… and It’s Beautiful
- Sourceforge : golly
- Rudolf Kaehr : Memristive Cellular Automata
- Rudolf Kaehr : Sketch of Memristic Cellular Automata
- Rudolf Kaehr : Notes on Semi-Thue systems in a context of morphogrammatics
- Rudolf Kaehr : Claviatures for Generalized Cellular Automata
Philosophie
- Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico Philosophicus
- Michael Schmidt-Salomon, Jenseits von Gut und Böse: Warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind, ISBN 978-3492273381
- Christoph Bartneck, Christoph Lütge, Alan Wagner, Sean Welsh: Ethik in KI und Robotik, Carl Hanser Verlag, 2019
- Peter Sloterdijk, T. H. Macho: Weltrevolution der Seele, 1993 Artemis Verlags-AG, ISBN 3-7608-1090-X
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- ogottogott...Des gebarrten Anderen Mangel: Lacan exploriert Gott
- Anna-Katharina Michel (Autor:in), 2011, Die systemische Beratung anhand eines unterrichtsbezogenen Fallbeispiels, München, GRIN Verlag