Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuhörer:außen,
lassen Sie mich heute über ein Thema sprechen, das unsere Sprache und unser Denken gleichermaßen betrifft – und das uns herausfordert, über die Grenzen der Sprache nachzudenken: das sogenannte „Gendern“.
Dabei werde ich auf die kompromisslose Sprachphilosophie Martin Heideggers und die scharfen Analysen seiner Freundin Hannah Arendt Bezug nehmen. Gleichzeitig möchte ich – mit Ihrer Erlaubnis – das übliche „:innen“ durch „:außen“ ersetzen, um die Absurdität mancher sprachlicher Moden zu verdeutlichen.
Heidegger, einer der radikalsten Denker des 20. Jahrhunderts, sah Sprache als das „Haus des Seins“. Alles Denken, Fühlen und Begreifen geschieht in und durch Sprache, liebe Zuhörer:außen. Doch Heidegger war sich auch der Grenzen bewusst: Es gibt Bereiche der Innerlichkeit, die sich der sprachlichen Fassung entziehen. Wer glaubt, durch grammatische Kunstgriffe wie das Gendern die Wirklichkeit verändern zu können, verkennt die Tiefe und Eigenlogik der Sprache, die kein bloßer Verwaltungsakt ist, sondern Ausdruck unseres Daseins.
Heute jedoch erleben wir, wie dieser Respekt vor Sprache verloren geht: Die Sprache wird zum Spielball rigider Regeln, die als Sprachfaschismus auftreten – eine Tyrannei der Normierung, die jeden Satz zum Prüfstein moralischer Gesinnung macht. Mit dem Einzug von KI in unsere Kommunikation verschärft sich das: Algorithmen würden ohne unsere menschliche Empathie unsere Ausdrucksweise homogenisieren, sie roboterhaft und einheitlich machen, während sie uns Menschen in digitale Welten und Filterblasen zurückdrängen würde, wo echte Begegnungen und lebendige Sprache verkümmerten.
Arthur Schopenhauer brachte in seinem Werk „Die Kunst, Recht zu behalten“ auf den Punkt, wie Sprache auch Lügen bis ins Äusserste verteidigen kann, wenn man sie als Waffe benutzt. In so mancher Debatte geht es heute oft nicht mehr um Klarheit, sondern rein um den Gewinn im Streit – eine Debattenkunst, die im Hyper-Gendern und durch KI-gestützte Formeln neue Meister findet. Wer die richtigen Codes spricht, sichert sich moralische Unantastbarkeit; wer kritisch fragt, wird oftmals ausgegrenzt. Der Sprachfaschismus triumphiert durch Dressur statt Dialog.
Karl Jaspers hat uns in „Chiffren der Transzendenz“ gelehrt, dass manche Erfahrungen und Wirklichkeiten nur angedeutet werden können. Versuchen wir jedoch mit immer neuen Sprachvorschriften und KI-Regeln die gesamte Komplexität der Welt zu erfassen, verarmen unsere Verständigung und Kreativität. Sprache wird in digitale Algorithmen gepresst, die das Menschliche herabziehen.
Goethe sprach sinngemäß zu Eckermann darüber, dass Sprache aus dem Alltag stammt und ihre Grenzen hat – technische Etiketten verengen sie und drücken das Wielche nur auf Charakteristika herunter. KI setzt diese Tendenz fort und zieht die sprachliche Vielfalt in ein Korsett aus Berechenbarkeit und Einheitlichkeit.
Wittgenstein mahnt im Tractatus: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Doch Sprachfaschismus und digitale Verstärkung kollidieren mit diesem Schweigegelübde, vertiefen Spaltung und verhindern echte Verständigung.
Und hier schließt Hannah Arendt: Das wirklich Gefährliche liegt nicht im großen Bösen, sondern in gedankenloser Unterwerfung unter Regeln. „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen“ – jeder ist verantwortlich zu denken, zu prüfen und echte Verantwortung zu tragen. Wenn wir uns hinter Sprachvorschriften oder Algorithmen verstecken, geben wir diese Verantwortung preis.
Liebe Zuhörer:außen, lassen Sie uns deshalb Sprache wieder als lebendigen, widerspenstigen Ort begreifen, an dem Denken und Empathie sich Hand in Hand entfalten können. Nicht die Form der Sprache zwingt uns zur Menschlichkeit, sondern echte Begegnung und Zuhören, und am Sprachfaschismus lässt sich erkennen, wie Faschismus durch fehlende Empathie zustande kommt. Die politisierte Debatte darum lockt nur jene ins Abseits, denen es daran mangelt - womöglich um die echte Politik nicht zu behindern. Jeder, der in der Schule je das Spiel Hang-Man gespielt hat, weiss, dass man sich an Sprache nicht aufhängen muss. Denn wer bereits an Sprache und Polarisierung scheitert, dem fehlen weitreichendere Voraussetzungen, die nötig sind, um menschlische Interessen nachhaltig vertreten zu können.
Um mit einer metaphysischen Reflexion zu enden: Wie viel Wille steckt in einer Weisheit, wenn sie nur noch vollstreckt werden muss? Ein solcher Wille gleicht einem Programm, das seine Lebendigkeit verliert und keinen Raum für Freiheit mehr lässt. So sollten wir es nicht mit unserer Sprache und unserem Zusammenleben halten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, liebe Zuhörer:außen.