Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuhörer:außen,

lassen Sie mich heute über ein Thema sprechen, das unsere Sprache und unser Denken gleichermaßen betrifft – und das uns dazu herausfordert, über die Grenzen der Sprache selbst nachzudenken: das sogenannte „Gendern“.

Ich werde dabei, liebe Zuhörer:außen, auf die kompromisslose Sprachphilosophie Martin Heideggers und die scharfsinnigen Analysen seiner Freundin Hannah Arendt Bezug nehmen. Und um Ihnen, liebe Zuhörer:außen, die Absurdität mancher sprachlicher Moden zu verdeutlichen, werde ich – mit Ihrer Erlaubnis – das übliche „:innen“ durch „:außen“ ersetzen.

Martin Heidegger, einer der radikalsten Denker des 20. Jahrhunderts, war besessen von Sprache. Für ihn war Sprache nicht bloß ein Werkzeug, sondern das „Haus des Seins“. Alles, was wir denken, fühlen, begreifen – es geschieht IN und DURCH Sprache, liebe Zuhörer:außen.

Aber Heidegger war sich auch der Grenzen der Sprache bewusst: Es gibt Bereiche der Innerlichkeit, liebe Zuhörer:außen, die sich der sprachlichen Fassung entziehen. Wer glaubt, durch grammatische Kunstgriffe wie das Gendern die Wirklichkeit zu verändern, verkennt die Tiefe und die Grenzen der Sprache. Die Sprache ist kein Verwaltungsakt, sondern Ausdruck unseres Daseins. Sie ist nicht beliebig formbar, sondern verlangt Respekt vor ihrer Eigenlogik.

Liebe Zuhörer:außen, Hannah Arendt, die große politische Denkerin, hat das „Böse“ als etwas Banales beschrieben – als das Ergebnis organisierter Gedanken- und Verantwortungslosigkeit. Sie beobachtete am Beispiel Adolf Eichmanns, liebe Zuhörer:außen, dass das Schlimmste nicht aus dämonischer Bosheit, sondern aus gedankenlosem Funktionieren im System erwächst. Wer nur noch „Rädchen im Getriebe“ sein will, liebe Zuhörer:außen, wer sich hinter Strukturen, Regeln oder auch Sprachregelungen versteckt, gibt seine Verantwortung ab. Arendt sagte: „Kein Mensch hat bei Kant das Recht zu gehorchen“. Das bedeutet: Jeder Mensch, liebe Zuhörer:außen, ist zur Selbstprüfung, zum Denken und zur Verantwortung verpflichtet – und darf sich nicht hinter Konventionen oder Sprachregelungen verstecken.

Wenn wir heute über das Gendern sprechen, erleben wir eine Bürokratisierung der Sprache, die an Arendts „Banalität des Bösen“ erinnert: Es ist ein sprachliches Funktionieren, das sich auf die Einhaltung von Regeln beschränkt, ohne nach Sinn oder Wirkung zu fragen. Es wird gegendert, weil es Vorschrift ist, liebe Zuhörer:außen, nicht weil es das Denken oder Fühlen der Menschen verändert. Und wenn ich nun von „Zuhörer:außen“ statt „Zuhörer:innen“ spreche, liebe Zuhörer:außen, wird Ihnen in meiner bescheidenen Hoffnung deutlich, wie ABSURD diese Konstruktionen sind! Denn das, was wirklich zählt – die Innerlichkeit, das individuelle Erleben, das Sein – bleibt unserer Sprache komplett verschlossen.

Wir können über das Äußere sprechen, liebe Zuhörer:außen, über Rollen, Funktionen, aber die Innerlichkeit, das Eigentliche, entzieht sich dem Zugriff der Grammatik. Lassen Sie uns also nicht zu „Rädchen im System“ der Sprachregelungen werden. Lassen Sie uns die Sprache als lebendiges, widerspenstiges Haus des Seins begreifen, das nicht beliebig umgebaut werden kann. Und lassen Sie uns nicht in den Irrglauben verfallen, liebe Zuhörer:außen, dass wir durch das Gendern – oder durch das Ersetzen von „innen“ durch „außen“ oder „außen“ durch „innen“ – die Wirklichkeit der Menschen erfassen oder gar verändern könnten. Die Sprache reicht nicht aus, um das Innerste zu benennen. Sie bleibt immer nur ein Annäherungsversuch – und das ist gut so.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, liebe Zuhörer:außen.


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